Hamid Sulaiman

Freedom Hospital

Expressionistische Zeichnungen und urbane Sprache charakterisieren Freedom Hospital. Die Art und Weise in der Hamid Sulaiman sein Werk zeichnet und schreibt, widerspiegelt die Wahrnehmung junger, gebildeter und progressiver Syrerinnen und Syrer. Dies zeigt sich einerseits in der Wahl der Graphic Novel als Form wie auch in der Verwendung von You-Tube Filmen und Fotografien aus Facebook als seine Zeichenvorlage; andererseits wird sie auch in der Wahl der Protagonistinnen und Protagonisten, in der Sprache, den Themen, den Dialogen und in der Art des Humors sichtbar. So tritt zum Beispiel Yasmin, die in der Geschichte das Spital leitet, als eine Art Super-Heldin aus einem Marvel Comic auf. Es ist gerade dieser Kontrast, den ich zu diesem Thema nicht erwartet hätte, der mich zunehmend interessierte. Bis anhin fand ich es unpassend, Themen wie Krieg und Gräueltaten mit Hilfe fantastischer Popfiguren darzustellen. Nach Freedom Hospital sehe ich das nun aber differenzierter. Ich wollte die Graphic Novel unbedingt zu Ende schauen und lesen. Sie irritiert und fasziniert mich zugleich, da sie in für mich klarer Weise aufzeigt, wie ähnlich Menschen trotz geografischer und kultureller Unterschiede kommunizieren, wenn sie die gleichen Medien konsumieren. Ein wichtiger Verdienst von Freedom Hospital ist zudem, dass die Gruppierungen, die zu Beginn des Arabischen Frühlings friedlich auf den Strassen Syriens demonstrierten, nicht ganz aus unserem Gedächtnis verschwinden. Zur Zeit sehen wir ja vor allem Bilder von bewaffneten Menschen. Freedom Hospital führt uns wie in einem Crashkurs die Komplexität des Konfliktes vor Augen. Die zwölf Personen, die das Buch bevölkern, sind aus den Erfahrungen von Freundinnen und Freunden oder aus den eigenen Erlebnissen von Sulaiman kreiert worden, sind also sozusagen reale Fiktion.

Das Buch ist auch visuell eine Entdeckung, die man sich nicht entgehen lassen sollte! Sulaiman kombiniert gekonnt eigene Zeichnungen mit im Internet oder Zeitungen gefundenem Material. Das gelingt ihm, indem er für seine Zeichnungen auch den Stil des Abzeichnens verwendet. Zudem lässt er durch die  konsequente Verwendung von Schwarz-Weiss Inhalt und Form zu einer packenden Einheit verschmelzen. ap

Klappentext:

Syrien im Jahr 2012: Der Bürgerkrieg wütet immer heftiger. Die Pazifistin Yasmin betreibt ein Untergrund-Krankenhaus zur Versorgung verwundeter Rebellen. Im Freedom Hospital kreuzen sich die unterschiedlichsten Lebenswege: Die französische Journalistin Sophie will einen Dokumentarfilm über den Konflikt drehen; Dr. Fawaz, ein Alawit, hilft aufständischen Verwundeten; Zahabiah, die Köchin des Krankenhauses, ist vor ihrer konservativ-sunnitischen Familie geflohen; Dr. Yazan steht den Muslimbrüdern nahe, und einer der Patienten entpuppt sich als Spion Assads. Hamid Sulaimans aufrüttelnde Graphic Novel spiegelt die komplexe und zerrissene syrische Gesellschaft wider. Die ausdrucksstarken, ganz in Schwarzweiss gehaltenen Bilder, die bei Ausstellungen in verschiedenen europäischen Städten für Furore sorgten, machen die menschlichen Seiten der syrischen Wirklichkeit unmittelbar spürbar.

Über die Autorin / über den Autor:

Hamid Sulaiman, geboren 1986 in Damaskus, studierte Architektur und arbeitet als Maler und Illustrator. 2011 floh er aus Syrien, seitdem lebt er in Paris. Seine Arbeiten wurden international ausgestellt und mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet. Freedom Hospital ist sein erstes Buch.

Preis: CHF 35.50
Sprache: Deutsch (aus dem Französischen von Kai Pfeiffer)
Art: Broschiertes Buch
Erschienen: 2017 (2016)
Verlag: Hanser
ISBN: 978-3-446-25508-1
Masse: 287 S.

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