Daniel Mendelsohn

Eine Odyssee. Mein Vater, ein Epos und ich

Es ist ein sehr schönes, sehr beschauliches und auch sehr berührendes Leseerlebnis, das uns Daniel Mendelsohn mit Eine Odyssee beschert. Der Text folgt grundsätzlich der Chronologie eines Seminars über die Odyssee, das der Autor am Bard College hält. Einerseits folgen wir diesem Seminar beim Lesen und Verstehen von Homers Odyssee. Es ist phantastisch, wie nahe einem dabei dieses Epos kommt. Neben dem Inhalt erfahren wir auch viele weitere Aspekte zur Entstehungsgeschichte und zur Literaturkritik des Epos. Und es liest sich sehr gut! Auf einer weiteren Ebene reflektiert der Autor sein Vorgehen bei der Vermittlung des Epos, die Dynamik unter den jungen Studierenden und seine eigene Geschichte als Student. Auch das liest sich sehr packend. Auf der dritten Ebene dann geht es um die sehr persönliche Vater-Sohn-Geschichte des Autoren, dessen Vater ebendieses Seminar ebenfalls als Zuhörer besucht. Diese Ebene nun entwickelt sich in Kreisen, es geht mal vorwärts, mal weit zurück in die Vergangenheit, mal sucht sie Entsprechungen in der Odyssee, mal in der Klassendynamik und in der Professor-Studenten-Beziehung. Dieses sich Herantasten an den Vater, an dessen Person spiegelt sich wiederum wunderbar in der Geschichte der Odyssee selber, wo es ganz zentral auch um die Vater-Sohn-Beziehung geht, um Identität und sich Wiedererkennen. Ein sehr lesenswertes Buch so oder so – ob man sich für den Text von Homer interessiert oder sich auf eine nicht ganz einfache, aber äusserst liebevolle Suche nach einem Vater machen will. cn

Klappentext:

Als Jay Mendelsohn, pensionierter Mathematiker und 81 Jahre alt, eines Tages beschliesst, den Uni-Grundkurs seines Sohnes Daniel zur Odyssee zu besuchen, ahnen beide Männer nicht, dass dies der Beginn einer ganz eigenen Familienreise ist. Ein 3000 Jahre alter Mythos behandelt all die Menschheitsthemen, die uns noch immer bewegen: Familie, Identität, Heimat. Und er weist einem Vater und einem Sohn den Weg, wieder zueinander zu finden.

Über die Autorin / über den Autor:

Daniel Mendelsohn, geboren 1960 in New York, gehört zu den bedeutendsten Intellektuellen in den USA und ist als Autor und Übersetzer bekannt geworden. er promovierte 1994 in Classical Studies und arbeitete als Kritiker u.a. für The New York Review of Books, das New York Magazine, für The New Yorker und die New York Times. 2006 erschien sein aufsehenerregendes, preisgekröntes Familien-Memoir Die Verlorenen. Eine Suche nach sechs von sechs Millionen.

Preis: CHF 22.50
Sprache: Deutsch (aus dem Englischen von Matthias Fienbork)
Art: Taschenbuch
Erschienen: 2020 (2017)
Verlag: Pantheon
ISBN: 978-3-570-55425-8
Masse: 352 S.

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