Wagdy El Komy

Hüter der Tränen

Nach fast jeder der im Band Hüter der Tränen versammelten Erzählungen habe ich das Buch bewegt, ja erschüttert weggelegt, auch dann, wenn sie eine überraschende und auf gewisse Weise eine die Gerechtigkeit wiederherstellende Wendung genommen hatte. Nur eine Erzählung liess mich herzhaft herauslachen, ohne dass mir das Lachen irgendwie im Hals stecken blieb. In Sieben Versuche, die Mauer zu überspringen erzählt der Autor vom Aufwachsen eines Jungen mit all seinen Tiefen und Höhen. Die Normalität, die diese Geschichte ausstrahlt, ist den anderen völlig fremd. Doch allen fünf Erzählungen ist El Komys Art, verschiedene Erzählmethoden neben- und miteinander zu verflechten, um über die Gegenwart zu sprechen, gemein. Er schafft es, auf eindringliche Weise in absurd anmutenden und sich an Bildern aus ägyptischen Legenden und Metaphern nährenden Geschichten die Mechanismen totalitärer Macht zu entblössen. Die Geschichten von El Komy sind ein Schutzwall gegen den Wahnsinn, der um sich greift, wo Willkür herrscht und Machterhaltung das höchste Gebot darstellt. Das Nachwort des Übersetzers Joël László kontextualisiert empathisch und gekonnt. Hüter der Tränen kann ich allen nur empfehlen. Der Erzählband ist auf vielen Ebenen sehr bemerkenswert! ap

Klappentext:

Wagdy El Komy beschreibt in seinen Erzählungen ein Ägypten, das nach dem arabischen Frühling in einer repressiven Wende zu versinken droht, mit einer Hauptstadt, die langsam, aber stetig in sich zusammenfällt, und einer Mittelschicht, die sich allmählich auflöst. Er beschreibt die immer quälenderen Alltagssorgen des ägyptischen Mittelstands mit Empathie und einem wunderbaren Hang zum Absurden. Sowohl sprachlich wie thematisch steht Wagdy El Komy dabei in einer Kontinuität zu den ägyptischen Klassikern des 20. Jahrhunderts, Nagib Machfus und Taufik al-Hakim, denen das Absurde zunehmend zum notwendigen Mittel wurde, die Realität in ihrer Widersprüchlichkeit überhaupt noch erzählerisch fassbar zu machen. Hüter der Tränen stellt den in deutscher Sprache bislang kaum wahrnehmbaren Autor mit einer kleinen Auswahl von Erzählungen sowie einem Essay des Übersetzers Joël László vor.

Über die Autorin / über den Autor:

Wagdy El Komy, 1980 in Giza, Ägypten, geboren, ist ein ägyptischer Schriftsteller mit anhaltendem Erfolg in der arabischen Welt. Das 2022 erschienene Buch der Mutter (daftar ummî) ist sein bislang sechster Roman. In seinen Texten spiegelt sich die ägyptische Realität in ihren vielen gegensätzlichen Facetten. Wagdy El Komy lebt in der Schweiz.

Preis: CHF 18.00
Sprache: Deutsch (aus dem Arabischen von Joël László, Hartmut Fähndrich)
Art: Taschenbuch
Erschienen: 2022
Verlag: essais agités
ISBN: 978-3-03853-989-6
Masse: 80 S.

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