Lilli Gruber

Inganno

Das Südtirol, die autonome nördlichste Provinz Italiens – heute eine der wohlhabendsten Gegenden des Landes und mit ihren abwechslungsreichen Landschaften am Südhang der Alpen ein beliebtes Tourismusziel –, hat eine bewegte und konfliktreiche Geschichte hinter sich. Dieser Geschichte geht Lilli Gruber, die italienische Journalistin, Moderatorin und Politikerin in einer eindrücklichen Romantrilogie nach. Im ersten Band (Eredità/Das Erbe) arbeitet Gruber, die selbst zweisprachig im Südtirol aufgewachsen ist, die Geschichte ihrer Familie zur Zeit des ersten Weltkriegs auf, nach dessen Ende das Südtirol Italien zugeschlagen wurde. Im zweiten Band (Tempesta/Der Sturm) geht es um den Faschismus und den Zweiten Weltkrieg, welche die Südtiroler Gesellschaft in Dableiber und Optanten spaltete, jene die in Italien blieben und jene, die dem Ruf Hitlers folgten, ins Deutsche Reich umzusiedeln. Der dritte Band (Inganno/Der Verrat), von dem hier die Rede ist, ist in den späten 1950er und frühen1960er Jahre angesiedelt, als Bombenattentate und zunehmend gewalttätige Anschläge separatistisch gesinnter Südtiroler*innen die Region erschütterten. Viele fürchteten um den Erhalt ihrer Sprache und ihrer Traditionen, seit 1948 die Provinz Bozen administrativ mit der grösseren italienischsprachigen Provinz Trentino zusammengelegt worden war, viele Verwaltungsposten mit "Italienern" besetzt wurden und Arbeitskräfte aus dem restlichen Italien einwanderten.

Lilli Gruber findet eine überzeugende Form, um einerseits einen spannenden Roman zu schreiben und andererseits dem Anspruch gerecht zu werden, die komplexe Situation angemessen und mit einer gewissen Objektivität zu dokumentieren. Kapitel der Romanhandlung wechseln sich ab mit Kapiteln, in denen die Autorin von ihren Gesprächen mit Zeitzeug*innen berichtet, die, heute oft auf die 90 zugehend, damals auf verschiedenen Seiten und mit unterschiedlichen Rollen in den Konflikt involviert waren.

Im Zentrum des Romans stehen drei junge Südtiroler*innen: die Freunde Peter und Max, die sich in jugendlichem Idealismus und Tatendrang in den Kampf für die vermeintlich gute Sache stürzen, und Klara, die ein Jahr ältere Studentin, die in verschiedensten Kreisen verkehrt und ihnen bezüglich Informationen oft einen Schritt voraus ist. Ihr Gegenspieler ist Umberto, ein wacher und durchaus auch kritisch denkender Polizeibeamter aus Sizilien, der die Hintergründe der Terroranschläge aufklären und eine weitere Eskalation verhindern soll. Die drei jungen Südtiroler*innen verstricken sich immer mehr in eine letztlich undurchsichtige Sache, wo zum Beispiel eine elegante Österreicherin im Sportwagen Sprengstoff liefert, der einflussreiche Vater von Klara sich insgeheim mit Umberto trifft und der einarmige Kriegsveteran Hermann, der Peter zur Revolte angestiftet hat, plötzlich verschwunden ist. Dabei stossen sie auch auf gut gehütete Familiengeheimnisse, die ahnen lassen, wie stark die politische Gegenwart mit der Vergangenheit zusammenhängt, mit persönlichen Interessen und internationalen Verknüpfungen zu tun hat.

Je länger je mehr wird klar, dass es sich bei den Anschlägen auf Denkmäler, Strommasten und schliesslich auch auf eine Kaserne nicht einfach um einen idealistischen Autonomiekampf einer sich bedroht fühlenden Minderheit handelt, sondern dass vielerlei internationale Interessen dahinterstecken: da sind nicht nur österreichische Rechte, die davon träumen, das Gebiet wieder zurückzugewinnen, und einige alte Nazis, die meinen, hier den Kampf für ihre Ideen weiterführen zu können, sondern vor allem auch die Amerikaner, die ein Interesse daran haben, dass in dieser Grenzzone im Ost-West-Konflikt, wo sie Atomwaffen stationiert haben und die sie notfalls opfern würden, unklare Verhältnisse herrschen, und schliesslich auch Italien, dem die Unruhen einen Vorwand zur Militarisierung der Region bieten.

Max, Peter und auch Klara sind nur Bauern in diesem Schachspiel, denen erst allmählich bewusst wird, wer da alles mitspielt und welche Rolle ihnen zugedacht ist. Und wenn es drauf ankommt, ist es von Belang, ob man wie Peter der uneheliche Sohn einer Wirtin ist, oder wie Max oder Klara eine Lokalgrösse zum Vater hat, der das grosse Spiel mitzuspielen weiss. Die gelegentlich etwas melodramatische Romanhandlung überzeugt nicht immer gleich stark wie die spannende Recherche und die gekonnt geführten Interviews der Journalistin Lilli Gruber. Doch zusammen bilden sie ein faszinierendes Werk, das einem erlaubt, tief einzutauchen in die bewegte Geschichte einer europäischen Grenzregion. Elisa Fuchs

Klappentext:

Prima saltano in aria i monumenti. Poi i tralicci. Poi le caserne. È il crescendo di violenza che dalla fine degli anni Cinquanta investe il Sudtirolo, dove i "combattenti per la libertà" vogliono la riannessione all'Austria. Lo Stato italiano si trova per la prima volta di fronte al terrorismo. Nella piccola provincia sulle Alpi affluiscono migliaia di soldati e forze dell'ordine: ma la militarizzazione è davvero la risposta all'emergenza creata dagli attentati? Oppure obbedisce a una logica di "strategia della tensione"?

La storia degli anni delle bombe sudtirolesi racconta lo scontro tra le superpotenze USA e URSS; il gioco pericoloso di gruppi neonazisti e neofascisti; le spregiudicate interferenze dei servizi segreti di diversi Paesi; una minaccia nucleare sempre più vicina e una guerra senza quartiere contro il comunismo destinata a sfuggire di mano. Inganno è un'opera intensa e corale, che tra realtà e finzione illumina trame, tragedie e mortali illusioni di una frontiera cruciale della Guerra fredda. Lilli Gruber torna a esplorare il passato della sua terra con due potenti strumenti narrativi: le voci dei testimoni con la ricostruzione dei grandi scenari, e in parallelo un'appassionante fiction. I protagonisti sono quattro antieroi moderni: Max e Peter, due ragazzi sudtirolesi tentati dalla radicalizzazione, Klara, una giovane austriaca innamorata del potere, e Umberto, un agente italiano incaricato di evitare un'escalation incontrollabile. Quattro anime perdute che con la loro parabola di passione e disinganno mettono in scena le colpe dei padri, le debolezze dei figli, le ambiguità della Storia.

Über die Autorin / über den Autor:

Lilli Gruber, giornalista e scrittrice, prima donna a presentare un telegiornale in prima serata, dal 1988 ha seguito come inviata per la Rai tutti i principali avvenimenti internazionali. Dal 2004 al 2008 è stata parlamentare europea. Dal settembre 2008 conduce la trasmissione di approfondimento Otto e mezzo su La7. Gli ultimi bestseller, pubblicati con Rizzoli, sono Chador (2005), America anno zero (2006), Figlie dell'Islam (2007), Streghe (2008), Ritorno a Berlino (2009). EreditàUna storia della mia famiglia tra l'Impero e il fascismo (2012), Tempesta (2014), Prigionieri dell'Islam (2016). Nel 2016 ha vinto il Premio Boccaccio per la categoria Giornalismo. Nel 2018 ha pubblicato Inganno (Rizzoli), con cui torna a esplorare il passato della sua terra, il Sudtirolo.

Preis: CHF 24.70
Sprache: Italienisch
Art: Broschiertes Buch
Erschienen: 2019 (2018)
Verlag: Rizzoli
ISBN: 978-88-17-14162-8
Masse: 423 S.

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