Christian Reder

Mediterrane Urbanität. Perioden vitaler Vielfalt als Grundlagen Europas

Christian Reder hat sich durch die einschlägige Sachliteratur zum Mittelmeerraum gelesen und kommentiert in Mediterrane Urbanität gut verständlich das Gelesene. Der Band ist eine Schatzkiste an überraschenden Informationen und Anregungen. Als erstes führt Christian Reder mit einem Essay in die Thematik ein. Darin spricht er unter anderem erhellend über die mitteleuropäische Zeit, die von Norwegen bis Namibia gilt oder erklärt, was unter der Mittelmeerunion zu verstehen ist. Darauf folgen 20 kommentierte Hafenstädte amn Mittelmeer und am Schwarzen Meer, von denen interessanterweise 12 in Europa liegen.

Dieser Blick auf die Geschichte zeigt eindrücklich, welche verheerenden Folgen die Ablehnung der "Fremden" jeweils auf die sich abschottende Gemeinschaft hatte, die zuvor Perioden vitaler Vielfalt durchlebt hatte. Heute stehen wir erneut zunehmend vor der grossen Herausforderung, dass mit dem Erstarken des ethnischen Nationalismus Menschenrechte und Staatsbürgerrechte sich zu widersprechen beginnen. Eine Tendenz der Abschottung, die dem kosmopolitischen Europa entgegengesetzt ist.

Christian Reder gibt im Schlusskapitel einen Ausblick in die Zukunft. Er skizziert darin einen Lösungsansatz wie wir erneut zu einem friedlichen Zusammenleben finden können: Europa muss inklusiv und als Kontinent der Vielfalt zu denken sein, dabei spielt die Hybridisierung von Kulturen die ausschlaggebende, positive Rolle. Für Christian Reder liegen die Wurzeln Europas weitgehend in Afrika und Asien, d.h. was wir heute als substanziell europäisch erachten, stammt aus dieser pulsierenden Urbanität am Mittelmeer und am Schwarzen Meer. Ein interessanter, informativer Band rund um die Beziehung Europa und Mittelmeerraum. Europa kann ohne den Mittelmeerraum nicht gedacht werden. Sehr empfehlenswert! ap

Klappentext:

Europa hat seit den Phöniziern vom Mittelmeer aus Gestalt angenommen. Von Krisenzonen umgeben, transformiert sich heute eine seiner beliebtesten Feriendestinationen zum Schauplatz von Flüchtlingstragödien. Dabei sind aus dem Mittelmeerraum, wie aus ganz Europa, generationenlang Millionen Menschen ausgewandert. Solche Realitäten globaler Migration ostentativ auszublenden provoziert eine kollektive Weltfremdheit.

Europas Perspektiven ohne das Mittelmeer und dessen Anrainer zu denken, wäre absurd. Die Distanzen ver­grössern sich jedoch wieder. Dabei gab es gerade dort weltoffene Phasen akzeptierter urbaner Vielfalt. Um dieser Vielfalt mediterraner Urbanität Kontur zu verleihen, wird die Geschichte von zwanzig signifikanten Hafenstädten am Mittelmeer sowie Schwarzen Meer skizziert – vor allem Perioden, in denen Menschen verschiedener Herkunft ein tolerantes Zusammenleben möglich war. Wurde das durch ein Ablehnen oder Vertreiben als Fremde geltender ruiniert, hat das rundum geschadet.

Über die Autorin / über den Autor:

Christian Reder, geboren 1944 in Budapest, ist Projektberater und Essayist, emeritierter Professor für Kunst- und Wissenstransfer an der Universität für angewandte Kunst Wien. 1980-1994 war er Leiter des ­Österreichischen Hilfskomi­tees für Afghanistan. Bei Mandelbaum erschienen Deformierte Bürgerlichkeit (2016) ­sowie Noch Jahre der Unruhe … Ali M. Zahma und ­Afghanistan (2018).

Preis: CHF 37.90
Sprache: Deutsch
Art: Broschiertes Buch
Erschienen: 2020
Verlag: Mandelbaum
ISBN: 978-3-85476-878-4
Masse: 480 S.

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