Michela Murgia

Accabadora

Accabadora ist der Titel des Romans. Das ist weder ein Familien- noch ein Vorname. Accabadora ist auf Sardinien die Bezeichnung für eine Frau, die Sterbewilligen zum Tod verhilft. Bonaria Urrais, die stets schwarz gekleidete, wortkarge Frau, ist eine Accabadora.

Fillus de anima oder fill'e anima ist eine auf Sardinien praktizierte Form der Adoption: Eine bitterarme kinderreiche Familie gibt eines ihrer Kinder an ein Paar oder an eine Frau, die keine Kinder haben. Das Kind bleibt in Kontakt zu seiner ursprünglichen Familie, wächst aber in einer anderen familiären Umgebung auf. Das Kind Maria Listru, die zweite Hauptperson des Romans, ist eine fill’e anima, die bei Bonaria Urrais im Dorf Soreni aufwächst.

Das Mädchen weiss lange nicht, weshalb die Schneiderin Bonaria Urrais, bei der sie lebt, manchmal nachts Besuche empfängt und das Haus verlässt, um erst morgens zurückzukehren. Als ihr der junge Andri erzählt, wie sein beinamputierter Bruder den Tod fand, verzweifelt das Mädchen ob des Schweigens ihrer Pflegemutter und verlässt Pflegemutter und Insel, um auf dem Festland in Turin als Kindermädchen bei einer wohlhabenden Familie zu arbeiten. Die Vergangenheit und die Geheimnisse jener zurückliegenden Zeit möchte sie vergessen. Jahre später kehrt sie zurück, um die sterbende Bonaria zu pflegen und begleiten.

Ein Roman über das Leben auf Sardinien, über die Beziehung zweier Frauen, über Geheimnisse und den Umgang mit ihnen. Ein Roman, in dem das archaische und das moderne Italien aufeinandertreffen. Michela Murgia, 1972 auf Sardinien geboren, selbst bei einer Pflegemutter aufgewachsen, widmet den Roman ihren beiden Müttern. Sie wurde mit ihrem Erstling zu einer der bedeutenden Autorinnen der jüngeren Generation Italiens. Michael Guggenheimer

Klappentext:

Ein sardisches Dorf, Mitte der fünfziger Jahre: Die kinderlose Bonaria Urrai erfährt ein spätes Glück, als sie die sechsjährige Maria in ihr grosses Haus als Fill'e anima – als Kind des Herzens – aufnimmt. Bonaria ist fast sechzig und die Schneiderin des Dorfes: sie ist es gewohnt, Mass zu nehmen – mit ihren Augen, ihrem Verstand und mit dem Herzen – und, sie kennt die Menschen. Manchmal hört Maria ihre Ziehmutter, die Accabadora, wie sie sich nachts aus dem Haus stiehlt und am nächsten Tag läutet die Totenglocke. Ein Geheimnis umgibt die alte Bonaria, an dem auch Maria schwer tragen wird. Als Bonaria viele Jahre später im Sterben liegt, steht Maria vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens ...

Ein sinnlicher, sprachlich beeindruckender Roman über das schwierige Thema Sterbehilfe. In Italien monatelang auf den Bestsellerlisten und ein internationaler Erfolg, der 2010 den wichtigen Premio Campiello gewann.

Über die Autorin / über den Autor:

Michela Murgia, geboren 1972 in Cabras/Sardinien, studierte Theologie, unterrichtete Religion, jobbte in Call Centern und betreute Webseiten. Vor ihrem Debütroman hat sie ein Tagebuch über den bizarren Psychoterror in einem Call Center veröffentlicht, das verfilmt wurde. Nach einigen Jahren in Mailand lebt sie heute wieder auf Sardinien. Accabadora ist ihr erster Roman.

Preis: CHF 18.90
Sprache: Deutsch (aus dem Italienischen von Julika Brandestini)
Art: Taschenbuch
Erschienen: 2016 (2009)
Verlag: Wagenbach
ISBN: 978-3-8031-2768-6
Masse: 176 S.

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