Elena Ferrante

Storia del nuovo cognome

Dieses Buch werde ich sicher nicht besprechen, dachte ich mir, da war – sobald der erste Band, Meine geniale Freundin, auf deutsch erschien – ein solcher Hype um das vierbändige Werk über eine Frauenfreundschaft von Elena Ferrante und ihren Entscheid, nicht öffentlich als Autorin in Erscheinung zu treten. Wenn ich es für den zweiten Band nun trotzdem tue, ist es weil ich ein aussergewöhnliches Leseerlebnis weiter empfehlen möchte – auf italienisch.

Gerade wenn man mit dem Italienischen nur halbwegs vertraut ist, bietet das Buch eine wunderbare Gelegenheit, einzutauchen in diese Sprache und in die Lebenswelten zweier junger Frauen, die, in den 1940er Jahren in Neapel geboren, ganz verschiedene Wege einschlagen, sich aber immer wieder begegnen, ein Leben lang Referenz bleiben füreinander. Das Buch ist so spannend, dass man eventuelle sprachliche Schwierigkeiten vergisst und sich mitreissen lässt von der Dynamik der Handlung, von der detaillierten und klarsichtigen Beschreibung dieser Freundschaft, ihren Höhepunkten und Flauten, der gegenseitigen Zuneigung und den kaum verhohlenen Eifersuchtsgefühlen.

Elena und Lila waren unzertrennlich in ihrer Kindheit, im Rione, einem armen Viertel in Neapels Hügeln, wo sogar der erste Ausflug ans Meer ein ungewohntes Abenteuer war. Beide glänzten als gute Schülerinnen, wobei Lila, die geniale Freundin, immer eine Spur brillanter war, als Elena die Erzählerin. Nach der gemeinsamen Kindheit und Primarschulzeit schlagen die beiden jungen Frauen verschiedene Wege ein. Lila, die Hochbegabte, verlässt die Schule und heiratet sehr früh einen reichen Metzgersohn aus dem Quartier. Elena, die Stillere, Fleissigere schafft es ans Gymnasium und schliesslich an die Uni und wird als sehr gute Studentin insbesondere von einer Professorin gefördert.

Lila erlebt in ihrer Ehe eine herbe Enttäuschung, doch sich lässt sich nicht unterkriegen. Während Elena, ihre Identität sucht zwischen dem Rione und der neuen Welt der Gebildeten und Reichen, in der sie sich bewegt, lebt Lila ihr Leben und ihre Gefühle mit voller Intensität und ohne Angst vor Verlusten. Sie, die Attraktive und Willensstarke wird immer wieder zum Zentrum der Welten in denen sie sich bewegt. Was sie anfasst, wie etwa die Lancierung von Schuhmodellen, die sie designt, scheint ihr zu gelingen. Als Lila dann eine leidenschaftliche Beziehung mit Nuno eingeht, in den Elena heimlich verliebt ist, diese Passion hemmungslos lebt und Elena gar zur Komplizin macht, ist ein Tiefpunkt in der Freundschaft zwischen den beiden Frauen erreicht. Elena macht ihren Weg, weniger dramatisch, weniger von grossen Gefühlen bestimmt, doch durchaus erfolgreich. Als sie Lila nach Jahren wieder sieht, arbeitet diese in einer Salamifabrik, hat von der harten Arbeit zerschundene Hände und lebt in einfachsten Verhältnissen zusammen mit einem Jugendfreund aus dem Quartier. Doch sie ist keine gebrochene Frau, im Gegenteil, mit ihren Plänen, ihrer Begeisterung für die Weiterbildung bei der sie den Freund unterstützt, machen aus ihr immer noch eine Person, die alles um sich herum erstrahlen lässt.

Aus der Perspektive von Lena erzählt, stehen vor allem ihre widersprüchlichen Gefühle gegenüber der Freundin im Zentrum. Doch auch von Lila, ihrer Radikalität im Verfolgen ihrer Verlangen, die auch zerstörerische Züge hat, erfährt man viel, etwa durch ihre Tagebücher, die Lena nicht wie versprochen ungelesen aufbewahrt, sondern in den Fluss wirft, nachdem sie sie gelesen hat. Es sind die Tiefe, Präzision und Ehrlichkeit im Durchleuchten der Beziehung zwischen den beiden Frauen und ihren Lebenswelten, welche die Qualität dieses Buches ausmachen, das sich gleichzeitig liest wie ein Thriller.

Am Ende des Buches befinden wir uns etwa in der Mitte der 1960er Jahre. Ich werde es mir nicht verkneifen können, auch den nächsten, den 3. Band zu lesen. Zu sehr bin ich gespannt, welchen Weg die beiden Frauen innerhalb der 1968er Bewegung einschlagen, die ja in Italien sehr stark war und von langen "bleiernen Jahren" gefolgt wurde. Elisa Fuchs

Klappentext:

Lila ed Elena hanno sedici anni e si sentono entrambe in un vicolo cieco. Lila si è appena sposata ma, nell'assumere il cognome del marito, ha l'impressione di aver perso se stessa. Elena è ormai una studentessa modello ma, proprio durante il matrimonio dell'amica, ha scoperto che non sta bene né nel rione né fuori.

Le vicende dell'Amica geniale riprendono a partire da questo punto e ci trascinano nella vitalissima giovinezza delle due ragazze, dentro il ritmo travolgente con cui si tallonano, si perdono, si ritrovano. Il tutto sullo sfondo di una Napoli, di un'Italia che preparano i connotati allarmanti di oggi. Della trama non anticiperemo niente. Storia e forza della scrittura fanno tutt'uno al punto che ci pare sconveniente guastare al lettore il piacere di leggere sorprendendosi a ogni pagina. Meglio dunque abbandonarsi a Lila ed Elena: conoscerle a fondo, riconoscersi sia nella tendenza alla conformità acquiescente sia nella caparbia determinazione a prendere in mano il proprio destino.

Über die Autorin / über den Autor:

Elena Ferrante è autrice dell'Amore molesto. Il romanzo successivo, I giorni dell'abbandono, è del 2002. Nel volume La frantumaglia racconta la sua esperienza di scrittrice. Nel 2006 le Edizioni E/O hanno pubblicato il romanzo La figlia oscura.

Preis: CHF 33.90
Sprache: Italienisch
Art: Broschiertes Buch
Erschienen: 2012
Verlag: edizioni e/o
ISBN: 978-88-6632-032-6
Masse: 470 S.

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