Natalia Ginzburg

Alle unsere Gestern

Alle unsere Gestern, der dritte Roman von Natalia Ginzburg, ist wieder erhältlich, in einer neu durchgesehenen Übersetzung von Maja Pflug. Und es ist eine grosse Freude, dieses Buch zu lesen. Es zieht einen in seinen Bann, in den Kosmos von Anna, in den Beginn des Zweiten Weltkriegs.

Anna ist die Protagonistin des Romans. Mit ihren Geschwistern zusammen lebt sie mit ihrem Vater und der Signora Maria, der Roman setzt ein, als der Vater stirbt. Er hat seine Zeit damit verbracht, seine Autobiographie zu schreiben und dabei die Wahrheit über die üblen Machenschaften der Faschisten ans Tageslicht zu bringen. Seinen Hass auf die Faschisten hat er seinem Ältestens, Ippolito, weitergegeben. So engagiert sich dieser in antifaschistischer Arbeit, zusammen mit dem Nachbarn Emmanuele und Danilo, dem ehemaligen Verehrer der Schwester Concettina. Giustino und Anna, die jüngsten der Geschwistern können nur dabei zuschauen. Doch auch sie werden älter und das Leben meint es nicht nur gut mit ihnen.

In ihrer charakteristischen Art erzählt Ginzburg, was Anna widerfährt, wie sie die Realität und die Welt um sich herum versteht, wohin es sie verschlägt. Ein packender Roman, der mit grosser Virtuosität aus der Zeitgeschichte erzählt, aber gleichzeitig auch nachempfinden lässt, mit welcher Distanziertheit Anna dem Leben begegnet. cn

Klappentext:

Keiner nimmt Anna, die Jüngste der Familie, ernst: weder die beiden älteren Brüder, die sich mit Freunden im Wohnzimmer einschliessen, um zu diskutieren, noch die Schwester Concettina, die vor allem ihre zahlreichen Verlobten im Kopf hat. Auch Signora Maria, die Haushälterin mit den winzigen Schleifenschühchen, kümmert sich mehr um die Rosen als um das Mädchen.

Nur der ein bisschen grossmäulige Nachbarsjunge Giuma gibt sich mit Anna ab. Sie gehen miteinander spazieren, dann ins "Pariser Café" und später in die Büsche am Fluss.

Als einer der Freunde verhaftet wird, müssen die Broschüren gegen Mussolini eilig im Kamin verbrannt werden. Italien tritt in den Krieg ein, der älteste Bruder, ein überzeugter Pazifist, soll eingezogen werden. Concettina verliebt sich in ein Schwarzemd – und Anna wird schwanger.

Natalia Ginzburg erzählt von den kleinen wie grossen Ereignissen beiläufig und doch genau: Was, wenn es keinen Stoff für Kleider gibt, und was, wenn man einen Juden in der Familie hat?

Bereits hier hat sie den unnachahmlichen Ton des Familienlexikon gefunden.

Über die Autorin / über den Autor:

Natalia Ginzburg, 1916 in Palermo geboren und 1991 in Rom gestorben, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Turin. Nach der Ermordung ihres Ehemanns Leone Ginzburg durch deutsche Soldaten kehrte sie nach Turin zurück und lebte ab 1952 mit ihrem zweiten Mann, dem Anglistik-Professor Gabriele Baldini, in Rom. Beinahe zeit ihres Lebens arbeitete sie für den Einaudi Verlag. Ab 1983 war sie unabhängige Parlamentsabgeordnete. Sie zog vier Kinder gross.

Preis: CHF 35.90
Sprache: Deutsch (aus dem Italienischen von Maja Pflug)
Art: Gebundenes Buch
Erschienen: 2025 (1952)
Verlag: Wagenbach
ISBN: 978-3-8031-3375-5
Masse: 336 S.

zurück