Radmila Petrović

Meine Mama weiss, was in den Städten vor sich geht

Radmila Petrović beschreibt in ihren Gedichten ihr eigenes Aufwachsen als Mädchen in einem Dorf in Serbien. Sie schafft es, in verdichteten Bildern die Enge der patriarchalen Strukturen nachzuzeichnen: der Schnaps, das Schweigen, die Schläge. Ebenso schafft sie es, einem das Herz weit werden zu lassen, in der Freude der Ich-Erzählerin aufzugehen – und auch wieder von deren Trauer erfasst zu werden.

Ein eindrückliches poetisches Zeugnis, das in der zweisprachigen Ausgabe noch eine Dimension dazugewinnt. cn

Klappentext:

In meinem Dorf gibt es unterwürfige Frauen und tote Frauen. Nie habe ich ganz das Dorf verlassen, nie bin ich ganz in diese Wohnung eingezogen. Morgens denke ich zuerst darüber nach, wo ich bin und ob man ein stürmisches Pfeifen oder den Lärm im Herzen meiner Mutter hört. Du sagst, ich bin schön, aber auch irgendwie immer traurig, wie Prinzessinnendonuts am Todestag. Auch ich wollte ein Blütenblatt sein, aber ich bin Gras, das aus dem Beton herauswächst; ich bin der Fluss Morava, der droht, sich in jedermanns Schuhe zu ergiessen. Nichts macht dich stärker als eine Familie, in der Kinder wie Mais aufwachsen, vorausgesetzt, du überlebst es. Vielleicht weiss ich nicht einmal, ob ich mich noch mit etwas anderem verbunden fühle als mit dem Vers. Du schreibst auch. Gedichte für mich, Romane für sie. Aber egal, Poesie ist mir lieber.

Meine Mama weiss, was in den Städten vor sich geht, aber ich weiss, warum man in sie zieht.

Über die Autorin / über den Autor:

Radmila Petrović, 1996 in Užice/Serbien geboren, ist Dichterin und zählt heute zu den gefragtesten Lyrikerinnen in den Ländern Ex-Jugoslawiens. Durch ihre auf dem Dorf verbrachte Kindheit öffnet sie für städtische Augen neue Blicke auf das menschliche Verhältnis zur Natur. Zu ihren Themen gehören ausserdem Familie, Dorfleben, Kindheitstraumata und weibliche Perspektiven auf die massgeblich von Männern geführten Kriege.

Philine Bickhardt, 1994 geboren, schliesst derzeit ihren Master in Kulturen und Literaturen Mittel- und Osteuropas mit Schwerpunkt auf russischsprachige und südslawische/serbische Literatur ab. Sie ist seit 2017 Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung, mit Auslandsstudienaufenthalten in Sankt Petersburg/Russland und Belgrad/Serbien. Seit 2018 arbeitet sie als Webredakteurin für novinki.de.

Denijen Pauljević, in Belgrad geboren, flüchtete während der Jugoslawien-Kriege nach Deutschland. Er studierte interkulturelle Kommunikation, nahm an der Drehbuchwerkstatt an der Hochschule für Fernsehen und Film München teil und arbeitet an verschiedenen Literatur-, Drehbuch- und Theaterprojekten. 2014 erhielt er die Autorenförderung Raniser Debüt, 2015 das Literaturstipendium der Stadt München, 2021 das Sonderstipendium und 2022 das Stipendium Interkulturelles/Internationales. Seit Januar 2022 hat er mit Christine Umpfenbach die Leitung Kultur im Bellevue di Monaco inne.

Preis: CHF 27.90
Sprache: Deutsch, Serbisch
Art: Broschiertes Buch
Erschienen: 2023 (2021)
Verlag: Sonar
ISBN: 978-3-86391-378-6
Masse: 120 S.

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