Fabio Andina

Sechzehn Monate

Fabio Andina beginnt seinen Roman in der dritten Person. Erzählt wird von Giuseppe, dem Grossvater des Autors, und seinem Dorf, ganz nah an der Grenze zur Schweiz. Es ist 1944 und die deutsche Besatzungsmacht ist präsent. Ortschaften wie Luino und der Fluss Tresa tauchen auf. Für mich als Leserin Namen, die nach Kindheit und Ferien schmecken. Doch in diesem Roman lerne ich diese Gegend ganz anders kennen. Bedrohung und Misstrauen beherrschen die von Armut geprägte Gemeinschaft. Nach der Verschleppung von Giuseppe durch die deutschen Besetzer, beginnt Giuseppe in der Ich-Form zu erzählen. In einer einfachen, präzisen Sprache erfahren wir von dem menschenverachtenden Vorgehen der deutschen Nationalsozialisten und italienischen Faschisten, von den Stationen der Deportation von Giuseppe in das Konzentrationslager Mauthausen und zum Glück seinen Weg nach 16 Monaten wieder zurück.  

Seine Berichte werden abwechselnd von den Erzählungen über seine Frau und die Dorfgemeinschaft unterbrochen. Wie gehen diese mit dem Schicksal von Guiseppe um? Fabio Andina schlägt nie grosse Töne an. So gibt es keine Held:innen. Die Bewohner:innen von Cremanaga sind in erster Linie Menschen. ap

Klappentext:

5. März 1944: In Cremenaga, einem kleinen Dorf an der italienisch-schweizerischen Grenze, wird der Schreiner Giuseppe Vaglio von der deutschen SS verhaftet. Er hat Juden und verletzten Partisanen geholfen, den Grenzfluss Tresa zu überqueren und sich in die Schweiz zu retten. Am 6. Juli 1945, sechzehn Monate nach seiner Verhaftung, kehrt Giuseppe zurück: verwundet, abgemagert, auf einem Ohr taub. Bis an sein Lebensende schweigt Giuseppe – er ist der Grossvater von Fabio Andina – über das, was er erlebt hat. 

Im Roman Sechzehn Monate zeichnet Andina das Bild einer Dorfgemeinschaft, die in Kriegszeiten zusammenhält, obwohl der Faschismus einzelne Dorfbewohner vergiftet. Er porträtiert Giuseppes Frau, die fromme Concetta, die versucht, ihre zwei Kinder nie spüren zu lassen, wie verzweifelt sie ist. Und er begleitet Giuseppe auf seinem Leidensweg durch drei italienische Gefängnisse, auf dem Transport nach Mauthausen und durch den Albtraum der KZ-Zwangsarbeit. Nach Kriegsende kehrt Giuseppe zu Fuss nach Cremenaga zurück. Dass er überlebt hat, verdankt er seinem Schreinerberuf und seiner Liebe zu Concetta, an die er Tag und Nacht denkt und von der er weiss, dass sie auf ihn wartet.

Über die Autorin / über den Autor:

Fabio Andina, geboren 1972 in Lugano, studierte Filmwissenschaften und Drehbuch in San Francisco. Heute lebt er im Bleniotal. Sein Roman Tage mit Felice erschien 2020 auf Deutsch, wurde mehrfach ausgezeichnet und in viele Sprachen übersetzt. 2021 folgten der zweisprachige Prosaband Tessiner Horizonte – Momenti Ticinesi (mit Zeichnungen von Lorenzo Custer) und 2023 der Roman Davonkommen, der die Vorgeschichte des namenlosen Erzählers von Tage mit Felice enthüllt. Auf Italienisch liegt zudem der Erzählband Sei tu, Ticino? vor. 

Karin Diemerling hat in Mainz, Hamburg und Florenz Germanistik und Romanistik studiert und übersetzt seit rund 25 Jahren aus dem Englischen und Italienischen. Sie lebt bei Winterthur.

Preis: CHF 30.00
Sprache: Deutsch (aus dem Italienischen von Karin Diemerling)
Art: Gebundenes Buch
Erschienen: 2025 (2024)
Verlag: Rotpunktverlag
ISBN: 978-3-03973-052-0
Masse: 216 S.

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