Johannes Siegmund will ein anderes Licht auf die Frage der Flüchtenden und der Migration werfen. So lange gibt es Flüchtende ja gar noch nicht. Dazu brauchte es erst den Nationalstaat und Staatsgrenzen, die überschritten werden konnten. Zu Beginn der Nationalstaaten waren es deshalb wohl vor allem aus politischen Gründen Flüchtende, die auch Hannah Arendts Konzept von Flüchtlingen bestimmten. Siegmund geht auf dieses Konzept ein, zeigt auch dessen Grenzen in der heutigen Zeit auf, führt es weiter, zur Kapitalismusflucht, die ihre Wurzeln im Kolonialismus hat, und langsam zur Klimaflucht wird.
Es ist ein spannendes Buch, gut geschrieben, mit anregenden Gedanken und Zusammenhängen, und vor allem ein Buch, das die Flüchtenden als Menschen mit Willen und Entscheidungsfähigkeit sieht. Und in ihrer Entscheidung, ihre Heimat zu verlassen und sich auf den Weg in eine mehr als unsichere Zukunft im globalen Norden zu machen, auch eine politische Entscheidung treffen. Nur schon dieser Perspektivenwechsel öffnet die Debatte über die Migration und die Politik, mit der man ihr begegnen will, grundlegend. Und macht auch sehr deutlich, wie die ganze Welt ein gemeinsames System ist und so auch gemeinsam nach Lösungen gesucht werden muss. Eine inspirierende Lektüre! cn
Klappentext:Die Flucht ist eine politische Bewegung. Es wird Zeit, den Teufelskreis rassistischer Migrationspolitiken zu durchbrechen und stattdessen gemeinsam mit den Flüchtenden für ein sicheres und gutes Leben für alle zu kämpfen. Konfrontiert mit Fluchtbewegungen gerät Europa in Panik. Es schickt Militär an die Grenzen, organisiert EU-Austritte, schleift liberale Demokratien und macht sich von autoritären Staaten erpressbar. Seit 100 Jahren ist rassistische Flüchtlingspolitik das zentrale Einfallstor für rechtsextreme Gewalt und ebnet den Weg für Autoritarismus und Faschismus.
Doch Fluchtbewegungen müssten nicht unweigerlich zu einem Rechtsruck führen. Sie sind auch politische Bewegungen, die für radikale Solidarität einstehen. Die Flüchtenden bleiben inmitten gewaltvoller Krisen handlungsfähig und kämpfen gegen Lager, Abschiebungen, Rassismus und Grenzen. Seit den 1990er Jahren werden diese Proteste der Refugees und Sans-Papiers dabei von Millionen von Menschen unterstützt. Denn jenseits von neoliberalem Weitertorkeln und faschistischem Hass gibt es eine dritte politische Option: das mutige Einstehen für eine radikal solidarische Welt. Wie können wir die Welt so verändern, dass es keine Grenzen mehr braucht?
Über die Autorin / über den Autor:Johannes Siegmund lebt mit seiner Familie in Wien. Er unterrichtet an der Universität Wien und ist Trainer bei ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit). Seine Doktorarbeit wurde mit dem Dr. Caspar Einem Preis ausgezeichnet. Momentan forscht er zu Solidarität und Rassismus in der Klimakrise.
Preis: CHF 27.90