Sandra Gugić

Zorn und Stille

Wie der Titel vorausnimmt ist es kein lauter Roman. Still und zornig sind die bestechend geformten Charaktere dieses Romans. Nicht mit Humor wird die Schwere annehmbar gemacht, sondern durch die bedingungslose Zugehörigkeit der einzelnen Familienmitglieder untereinander. Es ist das Zugeständnis an das Fehlerhaftsein, die den Verlust und die schwer lastende Verantwortung erträglicher macht. Da bricht die Tochter die Regeln der Familie und doch brechen die Eltern nicht mit ihr. Und trotzdem gibt es kein Zurück in die Enge für die Tochter. Kein Happy End, keine Versöhnung, und trotzdem geht das Leben weiter, und die Nähe bleibt bestehen. Ein nüchterner, aber deswegen nicht weniger packender Roman, der das Politische ins Private verschiebt.

In Zorn und Stille flackern immer wieder wichtige historische Ereignisse und Umwälzungen auf, doch geht die Autorin nicht im Detail darauf ein, sondern konzentriert sich auf die Gestaltung der Protagonisten und Protagonistinnen. Sehr empfehlenswert. ap 

Klappentext:

Die Fotografin Billy Bana ist eine moderne Nomadin, ein rastloser Freigeist. In einem anderen Leben war sie Biljana Banadinović, die als Gastarbeiterkind in Wien aufwuchs. Aber mit dieser Identität und ihrer Familie hat sie früh gebrochen und von da an immer wieder alles und jeden hinter sich gelassen. Sogar ihren Bruder, dabei waren sie als Kinder unzertrennlich. Die einzige Konstante in ihrem Leben ist Ira Goldfarb, die Vertraute, Mentorin und Geliebte zugleich ist. Als Billy die Nachricht vom Tod ihres Vaters erreicht, holt die Vergangenheit sie wieder ein, kommen verdrängte Fragen und alte Schuldgefühle zurück. Allen voran: Wie konnte ihr Bruder bloss spurlos verschwinden? Und was für ein Leben hatten ihre Eltern sich erträumt, als sie Jugoslawien verliessen?

Mit präzisem Blick und tiefer Empathie legt Sandra Gugić Schicht für Schicht die Bruchstellen im Leben einer Familie frei. Was bedeuten Freiheit und Verantwortung, Herkunft und Selbstbestimmung? Wie verändern uns Liebe und Verlust? Sind wir frei zu entscheiden, wer wir sein wollen?

Über die Autorin / über den Autor:

Sandra Gugić, geboren 1976 in Wien, ist eine österreichische Autorin serbischer Herkunft. 2009 begann sie zu schreiben. Sie studierte an der Universität für Angewandte Kunst in Wien und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Für ihre Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet. 2012 gewann sie den Open Mike. Ihr erster Roman Astronauten erschien 2015 und erhielt den Reinhard-Priessnitz-Preis. 2019 erschien ihr Lyrikdebüt Protokolle der Gegenwart im Verlagshaus Berlin. Zuletzt wurden ihr ein Arbeitsstipendium des Berliner Senats und das Heinrich-Heine-Stipendium zugesprochen. Sandra Gugić lebt als freie Autorin mit ihrer Familie in Berlin.

Preis: CHF 18.90
Sprache: Deutsch
Art: Taschenbuch
Erschienen: 2021 (2020)
Verlag: Hoffmann und Campe
ISBN: 978-3-455-01210-1
Masse: 238 S.

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