Ein von Schatten begrenzter Raum

Ein von Schatten begrenzter Raum ist eine grandios erzählte intime und geistreiche Reise durch ein Leben, dessen Tun konsequent die Freiheit der Kunst den Machenschaften der Gewaltherrschaft entgegenstellt. Mitte der siebziger Jahre ging die Autorin nach Berlin und Paris und arbeitete mit den Regisseuren Benno Besson, Matthias Langhoff und Claus Peymann. Sie übernahm zahlreiche Filmrollen und schreibt seit 1982 Theaterstücke, Romane und Erzählungen und lebt heute in Berlin. Ihr Erfahrungsschatz spiegelt sich in diesem fast achthundertseitigen grandiosen Roman, der sehr Bedeutsames eröffnet dank den scharfsinnigen poetischen Beobachtungen der Autorin. Es ist absolut faszinierend wie sie Kunst und Leben kombiniert, um Fremdsein, Ankommen und Einsamkeit zu beschreiben und dadurch zu bewältigen. So sind es nicht nur die lebenden, sondern auch die toten Menschen, die Tiere und Dinge, die zur ihr sprechen. 

Emine Sevgi Özdamar erkundet leidenschaftlich und kraftvoll eine Welt, die ständig hin und her pendelt zwischen vergangenem und sich ankündigendem Faschismus, zwischen Widerstand und Schuld. Es ist zum Beispiel äusserst interessant, wie sie die beiden Städte Ost-West-Berlin und Paris vergleicht, deren Umgang mit der Dunkelheit der Weltkriege. Ein von Schatten begrenzter Raum ist aber auch ein Bericht über Glück, des Willkommenseins. Emine Sevgi Özdamars selbst gewähltes Leben in der Kunst ist äusserst überzeugend dargestellt und wird von vielen Menschen geteilt und unterstützt. Ein von Schatten begrenzter Raum ist ein Roman, den ich nur empfehlen kann. Er beunruhigt im positiven Sinne. Ein Kunstwerk. ap

Nach dem Putsch 1971 hält das Militär nicht nur das Leben, sondern auch die Träume der Menschen in der Türkei gefangen. Künstlerinnen und Künstler, Linke, Intellektuelle fürchten um ihre Existenz; auch die Erzählerin, die aus Istanbul übers Meer nach Europa flieht. Im Gepäck: der Wunsch, Schauspielerin zu werden, und das unbedingte Verlangen, den so jäh gekappten kulturellen Reichtum ihres Landes andernorts bekannt zu machen und lebendig zu halten, ohne sich im "Tiergarten der Sprachen" auf die blosse Herkunft beschränken zu lassen. Und dort, inmitten des geteilten Berlin, auf den Boulevards von Paris, im Zwiegespräch mit bewunderten Dichtern und Denkern, findet sie sich schliesslich wieder in der "Pause der Hölle", in der Kunst, Politik und Leben uneingeschränkt vereinbar scheinen.

Emine Sevgi Özdaman, geboren 1946, wuchs in Istanbul auf, wo sie die Schauspielschule besuchte. Mitte der siebziger Jahre ging sie nach Berlin und Paris und arbeitete mit den Regisseuren Benno Besson, Matthias Langhoff und Claus Peymann. Sie übernahm zahlreiche Bühnen- und Filmrollen und schreibt seit 1982 Theaterstücke, Romane und Erzählungen. Emine Sevgi Özdamar lebt in Berlin. Ein von Schatten begrenzter Raum ist ihr erster Roman im Suhrkamp Verlag.