Kaouther Adimi

Dezemberkids

Eine heitere und doch sehr hintergründige und klarsichtige Polit-Burleske über Kinder, die sich zwei altgedienten Generälen zur Wehr setzen. Diese beiden Generäle haben die Brache der Siedlung 11 du décembre gekauft, um sich dort zwei Villen zu bauen und den Ruhestand zu verbringen. Doch die Brache wird von den Kindern und Jugendlichen der Siedlung seit Jahren als Fussballplatz genutzt. Dort verbringen sie ihre Freizeit, pflegen Freundschaften, trainieren und leben Träume aus. Sie wollen sich diesen Freiraum nicht nehmen lassen. Anders als ihre Eltern Grosseltern und sogar auch anders als ihre älteren Geschwister können die Kinder aus einem ganz unbelasteten Gefühl der Empörung heraus handeln – sie sind nicht eingebunden in die gesellschaftlichen und politischen Strukturen, sie müssen nicht um ihre prekären Karrieren fürchten, sie müssen sich nicht in die verschiedenen Diskurse zum Befreiungskrieg oder zum Kampf gegen den Terrorismus einordnen. Sie können aus einer perfekten Unschuld heraus rebellieren. Was ihren Aufstand so unwiderstehlich macht und ihn vor Instrumentalisierung und Korruption schützt. 

Meisterhaft platziert Adimi rund um den Aufstand der Kinder herum die Geschichten ihrer Eltern, deren Lebensläufe, deren Sichtweise auf die politische Lage und deren Bereitschaft  – oder eben fehlenden Bereitschaft – sich gegen die herrschenden Zustände zur Wehr zu setzen. So entsteht eine trocken formulierte und auf den Punkt gebrachte Analyse der algerischen Gesellschaft, die eine Atmosphäre einfangen konnte, welche die kurz nach der Niederschrift des Romans beginnenden Freitagsmärsche, Hirak, aus Protest gegen die erneute Kandidatur von Bouteflika, bereits erahnen lässt.

Ein sehr lesenswerter Roman mit einem interessanten Nachwort der Übersetzerin, insbesondere zur Stellung der Frau in Algerien! cn

Klappentext:

Eine Brache in der Cité du 11-Décembre, in der Banlieue von Algier. Die Kinder und Jugendlichen des Viertels haben sie sich erobert. Den Kopf voller Träume, spielen sie dort Fussballl, auch wenn der Regen das Areal immer wieder in Schlamm verwandelt. Eines Tages tauchen zwei Generäle mit Bauplänen auf. Sie wollen dort ihre Villen errichten, das Grundstück gehört nun ihnen. Doch den Kindern gelingt es, die Männer fürs Erste zu vertreiben, und schon bald organisieren sie den Widerstand. Anders als ihre resignierten Eltern sind die jungen Menschen nicht willens, sich zu beugen. Die Spannung steigt. Wird der Machtapparat die rebellische Jugend doch noch in die Knie zwingen?

Anhand dieses Konflikts erkundet Kaouther Adimi die algerische Gesellschaft. Sie beleuchtet Korruption und Machtmissbrauch, die Geschichte des Landes, den Kampf gegen die Franzosen und die Islamisten und die Lebensrealität der Frauen in den letzten Jahrzehnten. Ein Buch, das Mut macht und Hoffnungen weckt und angesichts des Volksaufstands gegen Expräsident Bouteflika geradezu prophetisch erscheint.

Über die Autorin / über den Autor:

Kaouther Adimi, geboren 1986 in Algier, lebt und arbeitet seit 2009 in Paris. Sie veröffentlichte bisher vier Bücher die zahlreiche Preise erhielten. Nach Des Ballerines de papicha und Des pierres dans ma poche (dt. Steine in meiner Hand. Lenos 2017) war ihr dritter Roman Nos richesses (dt. Was uns kostbar ist. Lenos 2018) für den Prix Goncourt 2017 nominiert und wurde mit dem Prix Renaudot des lycéens und dem Prix du Style ausgezeichnet.

Preis: CHF 30.90
Sprache: Deutsch (aus dem Französischen von Regina Keil-Sagawe)
Art: Gebundenes Buch
Erschienen: 2020 (2019)
Verlag: Lenos
ISBN: 978-3-03925-000-4
Masse: 249 S.

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