Guillaume Paoli

Soziale Gelbsucht

Eine äusserst lesenswerte Analyse der französischen Demokratie (und überhaupt der Demokratien in der westlichen Welt) und der Bedingungen, die eine Massenbewegung wie diejenige der Gilets Jaunes hervorzubringen vermögen. Dabei ist er sehr positiv gegenüber den Tausenden von Menschen eingestellt, die die ungerechten Verhältnisse, in denen sie eingezwängt sind, nicht mehr einfach hinnehmen wollen und sich mit anderen Menschen verbinden, das Gespräch aufnehmen und nach Formen und Möglichkeiten suchen, eine gerechtere Welt aufzubauen. Nach Formen, die aus dem gewohnten System der Parteipolitik und der Behördenwege ausbrechen wollen.

Der Essay bietet auch eine sehr spannende Analyse zu den Mechanismen, die dazu führten, dass die Gelbwesten sehr schnell das Image einer rechtsradikal unterwanderten, antisemitischen Bewegung erhielten, der äusserst repressiv begegnet werden musste. Unbedingt lesenswert! cn

Klappentext:

Einzigartig ist die Bewegung der Gilets jaunes in vielerlei Hinsicht: Einfache Menschen aus den Peripherien haben sich selbstständig vernetzt und lehnen jede Art von Repräsentation ab. Mit ihren Aktionsmethoden sprengen sie den Rahmen des institutionalisierten Protests. Ihre Forderungen sind nicht gerade revolutionär – sie wollen einfach bessere Lebensbedingungen, mehr Gerechtigkeit, mehr Achtung. Dennoch haben sie das Land in die tiefste soziale Krise seiner jüngeren Geschichte gestürzt. Die Neuigkeit des Ereignisses, das mit Sicherheit langfristige Folgen zeitigen wird, zeigt sich auch dadurch, dass es sich mit konventionellen Referenzen nicht interpretieren lässt. Stehen die Gilets jaunes links oder rechts, sind sie progressiv oder konservativ? Findet eine Rückkehr des Klassenkampfs statt oder ein Aufstand der Peripherien gegen die globalisierten Zentren?

Vor diesen Bruch mit ihren Gewissheiten gestellt, reagierten die meisten Zeitdiagnostiker mit Schweigen oder Verleumdung. Soziale Gelbsucht schaut hinter die Kulissen und zeigt, dass hinter den konfusen und widersprüchlichen Formen der Revolte sich der Versuch zeigt, das Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Schliesslich geht es um die Frage: Wie lässt sich eine Politik durchsetzen, die von der grossen Mehrheit abgelehnt wird? Diese Frage stellt sich nicht nur in Frankreich.

Über die Autorin / über den Autor:

Guillaume Paoli, 1959 in Frankreich geboren, lebt in Berlin und war Mitbegründer der Glücklichen Arbeitslosen, deren Manifeste 2002 unter dem Titel Mehr Zuckerbrot, weniger Peitsche erschienen, sowie Hausphilosoph im Leipziger Theater. Für Matthes & Seitz Berlin veranstaltete er in den letzten Jahren eine Diskussionsreihe im Roten Salon der Berliner Volksbühne.

Preis: CHF 19.90
Sprache: Deutsch
Art: Broschiertes Buch
Erschienen: 2019
Verlag: Matthes & Seitz
ISBN: 978-3-95757-805-1
Reihe: punctum Band 14
Masse: 161 S.

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