Leonardo Sciascia

Die Affaire Moro. Ein Roman

Eine spannende Analyse der Entführung Aldo Moros im März 1978. Was ist geschehen, was hat die Öffentlichkeit erfahren, was hat Aldo Moro geschrieben, was hat der Staat für die Befreiung Moros getan oder eben nicht getan? Sciascia geht ins Detail und durchforscht die Briefe nach Zeichen, die Moro gelegt hat, nach Spuren, denen die Polizei hätte folgen können.

Neben den Spuren, die Moro vielleicht gelegt hat, beschwört, ja verhandelt er geradewegs mit seinen ehemaligen politischen Weggefährten um sein Leben. Ob es gerechtfertigt ist, mit Terroristen zu verhandeln, ob der Staat darunter leidet, wenn er sich erpressen lässt, wieviel sein Leben überhaupt seinen Freunden wert ist.

Auch wenn es schon lange her ist: der Text liest sich äusserst spannend. Und zeigt, dass die Literatur über die Chronologie der Fakten hinausgeht. cn

Klappentext:

"Die Affaire Moro", so Sciascia, "wird im Laufe der Zeit einen immer größeren Wahrheitsgehalt, immer mehr an Bedeutung erlangen." Sciascia stellt sich in diesem Roman der schwierigen Frage: Was ist die Literatur, anders gesagt, was ist sie neben der Geschichte und der Chronik, der Vergangenheit und der Gegenwart, was ist sie bezogen auf die Wirklichkeit und die Wahrheit. Er unternimmt eine Schreibbewegung, die (im Stile eines Borges) die Realität erfindet; erzählend erkennt, dass das Buch bereits geschrieben war, als sich die Tragödie ereignete.

Noch bevor der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Fall Moro, dem Sciascia dann angehörte (Bericht der parlamentarischen Minderheit, im Anhang des Buchs) den bis heute nicht endgültig geklärten Fall Moro neu bewertete, hatte er den beinahe religiös-existenziell grundierten Band die Affaire Moro veröffentlicht (…) und dargelegt, wie die Christdemokraten ihren Vorsitzenden, den langjährigen Ministerpräsidenten und Architekten des compromesso storico im Stich gelassen, seine Äusserungen (gezielt) missverstanden hatten: eine Befreiung durch die Ordnungskräfte sei zu keiner Zeit angestrebt worden. Der historische Kompromiss – die Annäherung zwischen Christdemokraten und Kommunisten – bedeutete für Sciascia das Grundübel der italienischen Politik: der ewige Transformismus, das immer neue Grüppchenbilden, Sich-Arrangieren, Herumlavieren. Was niemals (und gewollt) zu einer grundlegenden Änderung der Politik führt. "Ein Intellektueller aber", so Sciascia, "sollte sich stets zur Opposition berufen fühlen." Die unverkennbare Stimme des grossen unbestechlichen unbequemen Aufklärers.

Mit der 2022 einsetzenden Veröffentlichung von Moros ebenfalls im "Volksgefängnis" verfassten Memoriale ist die von Sciascia dargelegte Theorie einer "Zusammenarbeit" zwischen Staaten und kriminellen Banden von unerhörter Aktualität. Heute wissen wir: die allmächtige Geheimloge P2 hielt die Fäden der Affaire in der Hand; ein Jahr nach Sciascias Tod (1989) platzt der Skandal um die klandestine NATO-Organisation Gladio.

Mit einem Essay von Fabio Stassi

Über die Autorin / über den Autor:

Leonardo Sciascia wurde 1921 in Racalmuto als Sohn eines autoritären Schwefelgrubenverwalters geboren; das Gymnasium unterforderte ihn, sowohl als Schüler als auch als Lehrer. Herauskam ein grosser Befreiungsschlag: einer der bedeutendsten Schriftsteller, Publizisten der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, ein grosser europäischer Aufklärer: stets Sizilien und den Mikrokosmos Racalmuto als Metapher der Welt vor Augen. Leonardo Sciascia ist 1989 gestorben.

Preis: CHF 32.00
Sprache: Deutsch (aus dem Italienischen von Monika Lustig)
Art: Gebundenes Buch
Erschienen: 2023 (1978)
Verlag: Edition Converso
ISBN: 978-3-949558-18-4
Masse: 238 S.

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