Lion Feuchtwanger

Die Jüdin von Toledo

Es ist die Zeit der Kreuzzüge. In Südspanien herrschen Muslime, in Kastilien regiert der junge König Alfonso der Achte. Minne, Ritterspiele und der Heilige Krieg beschäftigen die Köpfe und berauschen die Sinne. Auch Alfonso hört die Schalmeien, hört den Aufruf aus Rom, aber ein Friedensvertrag mit al-Andalus und leere Staatskassen hindern ihn am Dreinschlagen. Der König holt den Juden Jehuda Ibn Esra aus Sevilla und macht ihn zum Escrivano, seinem wichtigsten Ratgeber. Misstraut ihm aber, obwohl es Ibn Esra gelingt, das ausgeblutete Kastilien zur wirtschaftlichen Blüte zu verhelfen. Der Jude will Frieden um jeden Preis, weil er weiss:  in jedem Krieg ist sein Volk immer das erste Opfer. Doch den König juckt es, er fürchtet in der Rüstung einzurosten. Kirchenfürsten und Adlige setzen Druck auf. Auch Königin Leonor drängt ihn zu den Waffen, denn sie sieht den Feldzug als bestes Mittel, ihre Rivalin auszuschalten. Der verheiratete König ist nämlich der schönen Raquel verfallen, Tochter des Juden Jehuda Ibn Esra. Ein christlicher König und ein jüdisches Kebsweib aus dem Geschlechte Davids! Das kann nicht gut gehen.

Feuchtwanger verknüpft die verschiedenen Lebensläufe geschickt und treibt die Geschichte vorwärts – Zug um Zug, wie bei einem Schachspiel. Mal sind die Befürworter des Christenkriegs vorn, mal die Gegner. Alle vertreten Partikularinteressen, haben ihre versteckte Agenda: König und Königin, Erzbischof und Rabbi, Barone und Bürger – selbst Gott, je nach seiner jeweiligen Religionszugehörigkeit. Dass der König auch noch wankelmütig ist, strapaziert die Geduld seiner Umwelt (und der Lesenden), macht den Roman aber spannend. Das Ende ist unausweichlich: Niederlage, Mord, Liebesverlust, Einsamkeit. Aber auch ein neuer Friedensvertrag.

Obwohl viele Ritter auftauchen, hat Feuchtwanger keinen Ritterroman geschrieben, sondern die uralte Saga der Esther des Alten Testaments aufgegriffen und in das Hispanien des 12. Jahrhunderts transferiert. Zu jener Zeit gelten die Muslime als gebildet, wohlhabend und tolerant und die Christen als grob, fanatisch, blutrünstig. Und die Juden? Sind und bleiben die ewigen Wanderer zwischen den Welten.

Feuchtwanger zeigt deutlich, wo seine Sympathien liegen: nicht bei den Juden, nicht bei den Muslimen, nicht bei den Christen; sondern bei den Gelehrten, Mildherzigen, Friedenstiftenden. Und die findet man in allen Religionen: Musa als Muslim, Don Rodrigue als Christ, Benjamín als Jude. Sich daran zu erinnern, kann nicht schaden. Maya Doetzkies

Klappentext:

La Fermosa, die Schöne, wird im mittelalterlichen Spanien Raquel, die Tochter des angesehenen Juden Jehuda Ibn Esra, genannt. In König Alfonso VIII. von Kastilien erwacht bald eine tiefe Leidenschaft für die gebildete, schöne junge Frau, und was für Raquel als politisches Opfer im Interesse der Vernunft und des Friedens begann, wächst auch bei ihr zu einer stürmischen Liebe für den mutigen König.

Über die Autorin / über den Autor:

Lion Feuchtwanger wurde 1884 als Sohn eines jüdischen Fabrikanten in München geboren. Nach vielseitigen Studien reüssierte er zunächst als Theaterkritiker. Mit den historischen Romanen Die hässliche Herzogin (1923) und Jud Süss (1925) erlangte er Weltruhm. Während einer Vortragsreise durch die USA wurde er 1933 von der Machtergreifung der Nationalsozialisten überrascht. Seine Bücher wurden verboten, Haus und Vermögen konfisziert. Er emigrierte nach Frankreich, wurde dort jedoch 1940 in einem Lager interniert. Er flüchtete nach Amerika und lebte bis zu seinem Tod im Jahr 1958 in Los Angeles.

Preis: CHF 22.90
Sprache: Deutsch
Art: Taschenbuch
Erschienen: 2016 (1955)
Verlag: Aufbau Verlag
ISBN: 978-3-7466-5638-0
Masse: 512 S.

zurück