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Kulturnotizen aus Bari

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Vom heiligen Nikolaus, Sprachinseln und Migration

Gerade ist Ostern vorbei, da steht in Bari schon das nächste grosse Fest vor der Tür: die Patronatsfeier zu Ehren des heiligen Nikolaus, die vom 7. bis zum 9. Mai stattfindet. Aber Sankt Nikolaus, oder Samichlaus, werden Sie denken, der wird doch am 6. Dezember gefeiert! Ja, das stimmt, aber der 9. Mai gilt als das Datum, an dem 1087 die von baresischen Seeleuten in Kleinasien geraubten Reliquien von San Nicola in der Stadt eintrafen. Bari war zur damaligen Zeit einer der wichtigsten süditalienischen Häfen für Pilger und Kreuzritter bei ihren Reisen nach Palästina. Der Raub von Reliquien galt als probates Mittel, um sich mehr Bedeutung zu verschaffen, man könnte sagen, es handelte sich dabei um eine frühe Form des Stadtmarketings. Schliesslich galt und gilt San Nicola unter anderem auch als Patron der Seefahrer, und wer wollte sich da nicht, bevor er sich auf den Seeweg ins Heilige Land begab, noch seinen Segen abholen. Eigentlich hatte Bari mit dem heiligen Sabinus schon seinen Schutzpatron, dem auch die grösste Kirche, die Kathedrale, geweiht war. Aber die Anziehungskraft, die von dem "Neuen" ausging, war so stark, dass San Sabino ins Hintertreffen geriet. Für die Reliquien wurde mit der Basilika eigens eine neue Kirche errichtet. Hier finden nicht nur katholische Gottesdienste, sondern in der Krypta neben dem Reliquienschrein auch orthodoxe statt, denn San Nicola spielt in beiden christlichen Gemeinschaften eine gewichtige Rolle. 

An Kirchen mangelt es auch sonst nicht in Bari. Über 100 katholische und orthodoxe Kirchen und Kirchlein verbergen sich in der Altstadt, schliesslich sollte jeder Pilger und jeder Kreuzfahrer vor dem Aufbruch in Zwiesprache mit seiner speziellen Glaubensausrichtung oder "seinem" Heiligen treten können. Viele sind heute von aussen kaum als solche zu erkennen, die meisten sind entweder ganz geschlossen oder öffnen nur für die Messen. Aber einmal im Jahr, am Gründonnerstag, sind alle geöffnet und es gibt die Gelegenheit, bei einem Streifzug durch Bari vecchia den vielen unbekannten Kirchen einen Besuch abzustatten. Offiziell geht es darum, einmal am Altar vorbei zu defilieren, vor dem (echtes) Brot und (meist Plastik-)Weintrauben auf der einen sowie ein Krug mit Wasser und eine Waschschüssel auf der anderen Seite als Zeichen für das letzte Abendmahl und die Fusswaschung aufgestellt sind. Aber natürlich ist es auch eine Gelegenheit, sich die Kirchen anzusehen. In diesem Jahr war ich mit einer Freundin unterwegs. Wir sind leider ein bisschen spät los, und so haben wir am Ende "nur" sieben Kirchen geschafft. Aber in der letzten, der Kirche der heiligen Klara, haben wir dann von einem jungen und sehr kundigen Kirchendiener noch erfahren, dass deren barocke marmorne Wandvertäfelung hinter dem Altar aus der Basilika stammt. Die Basilika, die heute in ihrem Inneren geradezu ein Musterbeispiel für die Schlichtheit der apulischen Romanik darstellt, war zwischendurch nämlich barockisiert worden. Aber irgendwann war man der Pracht überdrüssig und wollte zur Einfachheit zurück. Die barocke Innenausstattung wurde herausgelöst und auf verschiedene Kirchen in Bari und Umgebung verteilt.

Beim Patronatsfest nun im Mai gibt es einen historischen Umzug, bei dem grosse Wagen durch die Stadt gezogen werden, sowie, neben den diversen Messen, eine Prozession, bei der die Statue des heiligen Nikolaus, die in der Basilika ausgestellt ist, zum Meer gebracht und auf ein Schiff gesetzt wird, um auf diese Weise die Anlandung der Reliquien nachzuempfinden. Diese Prozessionen, die bei den Patronatsfesten wie auch am Karfreitag üblich sind, beginnen meist irgendwann mitten in der Nacht und ziehen sich dann über den ganzen Tag. Auch in Bari heisst es früh aufstehen, meist beginnt die erste Messe um vier Uhr morgens, und legendär ist die heisse Schokolade, die es danach gibt! Tja, mit Speck fängt man eben Mäuse, denn zur Frühmesse gehen auch viele Leute, die Gottesdienstbesuchen sonst eher fernstehen. Umrahmt wird das Ganze von einem Volksfest, wofür ein Teil des Lungomare gesperrt wird. Da gibt es dann eine Mischung aus Ständen mit regionalen Spezialitäten und Kunsthandwerk aus aller Welt. 

Der heilige Nikolaus ist damit vielleicht auch, obwohl er sich diese Rolle nicht selbst ausgesucht hat, sondern sie ihm postum übergestülpt wurde, ein idealer Vermittler zwischen dem östlichen und dem westlichen Mittelmeerraum, zwischen Orient und Okzident allgemein. Und damit notwendiger denn je. Denn die Zahl der Menschen, die sich im Osten aufmachen, um nach Westen zu gelangen, und dafür den gefährlichen Seeweg wählen, ist höher denn je. Zwar laufen die Routen, um von Bangladesch, Pakistan oder Afghanistan nach Mitteleuropa zu gelangen, grossteils über Land und damit über den Balkan bis nach Triest, doch es gibt auch immer wieder Boote, die es bis an die apulische Adriaküste schaffen. Für die Seenotrettungsschiffe ist Apulien aufgrund seiner relativ nördlichen Lage hingegen nicht die erste Wahl. Manchmal werden sie jedoch nach Bari oder Brindisi umgeleitet, wie es in den letzten Monaten verschiedentlich geschehen ist. Die Aufnahmebereitschaft vonseiten der Kommune ist hoch, aber auch insgesamt hält sich Bari zugute, ein Ort zu sein, der immer bereit war und ist, Menschen auf der Flucht zu unterstützen. Ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat sich dabei die Ankunft der "Vlora", die am 8. August 1991 in Bari eintraf. Das Schiff kam aus dem sich im Zerfall befindenden postkommunistischen Albanien und war völlig überfüllt. Die Menschen klammerten sich fest, wo sie nur konnten, selbst an den Aussenkanten hingen sie: 20'000 Albaner:innen, die ihr Leben riskiert hatten, um in eine bessere Zukunft zu gelangen. Bari war damals auf eine solch hohe Zahl geflüchteter Menschen in keinster Weise vorbereitet, trotzdem entschied der damalige Bürgermeister, alle aufzunehmen. Das alte Fussballstadion, das durch einen Neubau gerade funktionslos geworden war, wurde in eine provisorische Unterkunft umgewandelt. Die Solidarität der Stadtbevölkerung war hoch, viele Freiwillige halfen bei der Versorgung mit dem Allernotwendigsten. Heute ist die Stadt stolz darauf, dass es vielen der damals hier Gestrandeten gelungen ist, sich in Bari zu integrieren.

Beim Stichwort "Migration" mag es naheliegen, zunächst an die vielen Süditaliener:innen zu denken, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts ihr Land gen Norden verlassen haben. Viel weniger bekannt ist hingegen, dass Apulien schon immer ein Landstrich war, der Menschen auf der Flucht oder auf der Suche nach einem besseren Leben aufnahm. Davon zeugen nicht zuletzt noch heute sogenannte Sprachinseln, also meist einzelne Orte, an denen eine Sprache gesprochen wird, die nichts mit den Umgebungsdialekten zu tun hat. In Apulien gibt es im Süden mit der Grecia Salentina eine Reihe von Orten, in denen das aufs Altgriechische zurückgehende Griko gesprochen wird, wodurch sich die Ansiedlungen bis auf die Antike zurückführen lassen. Im Norden hingegen gibt es mit Faeto und Celle di San Vito sowie Chieuti und Casalvecchio di Puglia von frankoprovenzalischen bzw. albanischen Migrant:innen gegründete Orte, deren Entstehung ins Mittelalter datiert. In jüngster Zeit ist es vor allem das 20. Jahrhundert mit seinen Verfolgungen und Vertreibungen, das seine Spuren hinterlassen hat. So fanden 1919 nach dem Genozid an den Armenier:innen durch die Jungtürken armenische Verfolgte in Bari eine Zuflucht. Am Ende des Zweiten Weltkriegs und in den Jahren danach war Apulien Durchgangsstation für der Schoa entkommene Jüdinnen und Juden auf ihrem Weg nach Palästina. Von den Alliierten wurden dafür sogenannte Displaced-Persons-Camps eingerichtet, deren Geschichte sich heute im Museo della Memoria e dell'Accoglienza in Nardò nachvollziehen lässt. Mehr oder weniger gleichzeitig kamen Italiener:innen aus Istrien und Dalmatien, die umgesiedelt wurden, nachdem die Gebiete jugoslawisch geworden waren. Sie wohnten im Viertel um den Leuchtturm herum, das daraufhin den Namen "Villaggio Trieste" erhielt.

In den letzten Jahrzehnten ist Apulien von einer dreifachen Migrationsbewegung gekennzeichnet. Viele junge Leute ziehen weiterhin gen Norden, weil dort bessere Arbeitsmöglichkeiten geboten werden. Aus Osteuropa sind ausser den Albaner:innen auch Ukrainer:innen, Rumän:innen, Bulgar:innen und Georgier:innen gekommen, die vor allem im Dienstleistungssektor arbeiten. Ausserdem gibt es in Handel und Gastronomie viele Afrikaner:innen, vor allem aus dem Senegal, aus Côte d’Ivoire und Kamerun, sowie Asiat:innen aus Bangladesch, Pakistan und China. Gleichzeitig gibt es eine Art Wohlstandsmigration aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Grossbritannien, die vor allem den Salento und das Valle d'Itria mit seinen Trulli und Landhäusern betrifft. 

Mit diesen Betrachtungen endet meine Kulturkorrespondenz aus Bari. Ich hoffe, ich konnte ein bisschen vom Lebensgefühl hier vermitteln, eher unbekannte Seiten zeigen, interessante Anregungen geben. Mir hat es viel Spass gemacht, und ich bin den beiden fantastischen Buchhändlerinnen von mille et deux feuilles sehr dankbar, dass sie mir diese Gelegenheit gegeben haben. Und wer weiss, man sieht sich ja immer mindestens zweimal im Leben ;-) Von daher: Arrivederci e a presto! 

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Theater, Film und Fernsehen

Schon in den letzten Monaten hat sich das abendliche Kulturleben in Bari temperaturbedingt nach drinnen verlagert. Nun ist es Zeit, sich mit Freund:innen zu treffen, um ins Kino zu gehen, in die Oper oder ins Theater. Oder einfach nur, um zu Hause vor dem Fernseher abzuhängen, bei einem Film im linearen Fernsehen oder einer Netflix-Serie. Nach mehreren Pandemiewintern mit zum Teil grossen sozialen Einschränkungen kehrt nun wieder so etwas wie Normalität ein.

Vor ca. hundert Jahren war das Bareser Kulturleben in ganz Italien bekannt, gab es hier doch die sogenannte "Theater-Meile", zehn verschiedene Theater, die sich auf anderthalb Kilometern Länge dicht an dicht aneinanderreihten. Nur zwei davon sind heute noch aktiv, zwei weitere Gebäude existieren noch dem Namen nach, sind aber inzwischen anderen Bestimmungen zugeführt. Das älteste, das Teatro Piccinni, hat nach bald zehn Jahren Renovierung vor einigen Jahren wiedereröffnet und beherbergt nun vor allem Gastspiele im Bereich Schauspiel und Tanz. 

Das grösste und prächtigste, das Teatro Petruzzelli, bildet heute das Herzstück der Bareser Hochkultur und ist gleichzeitig ein Symbol für den durch Kriminalität und mafiöse Machenschaften geprägten Niedergang der Stadt in den 1980er-Jahren, aber auch für ihren Aufbruch seit den Nullerjahren. In einer Oktobernacht im Jahr 1991 wurde das Theater nämlich durch einen Brand vollkommen zerstört, schon bald war klar, dass es sich um Brandstiftung handelte. Schon früh gab es die Vermutung, dass der Brandstifter in höherem Auftrag gehandelt hatte, dass es um Versicherungsbetrug und Bilanzfälschungen ging und einflussreiche Bareser Mafiapaten ihre Hände mit im Spiel hatten. Die Untersuchungen zogen sich über Jahre hin, Gutachten über Gutachten wurden angefertigt, Akten über Akten angelegt, aber am Schluss wurde nur der Brandstifter verurteilt und wanderte ins Gefängnis. Die vermutlichen Hintermänner hingegen wurden in einem Revisionsverfahren aus Mangel an Beweisen alle freigesprochen.

Wie eine offene Wunde gemahnte das Petruzzelli in jener Zeit die Stadtgesellschaft daran, dass hier Kräfte die Oberhand zu gewinnen versuchten, deren Existenz zwar stillschweigend akzeptiert wurde, die man aber in der Regel nicht sehen wollte. Lange Zeit geschah überhaupt nichts, und das einstmals glanzvolle Theater rottete regelrecht vor sich hin. Als 2005 die Regionalregierung von rechts nach links wechselte, gehörte der Wiederaufbau des Petruzzelli zu einem der ersten grösseren Projekte. Bei der Wiedereröffnung 2009 erstrahlte das Theater nicht nur im alten Glanz, sondern die Pracht ging noch weit darüber hinaus. Es sollte ein Zeichen sein, dass der Stillstand und die dunkelste Zeit überwunden waren, dass es aufwärtsging, und genauso wurde es auch verstanden. 

Heute ist das Petruzzelli als zentraler Ort für Oper, Konzert und Ballett der Stolz der Stadt. Unter einer riesigen Kuppel gibt es auf mehreren Rängen mehr als 1400 Plätze. Ein Besuch in der Oper dient auch heute noch dem Sehen und Gesehenwerden, zumal es eine der wenigen verbliebenen Gelegenheiten ist, um elegante Abendgarderobe und einen kostbaren Pelzmantel auszuführen (obwohl die Temperaturen in Bari auch im Winter allerhöchstens in den einstelligen Plusbereich fallen und Minusgrade von höchstem Seltenheitswert sind, ist die Pelzdichte durchaus hoch, davon zeugen auch die noch immer zahlreich vorhandenen pelliccerie, die Pelzwarengeschäfte). 

Während sich die Hochkultur also eher im Zentrum konzentriert, gibt es über die ganze Stadt verteilt, häufig eher in der Peripherie, weitere kleinere Theater mit verschiedenen Schwerpunkten, die die kulturelle Vielfalt Baris wesentlich bereichern. Von besonderer Bedeutung ist dabei zum einen das Teatro Nuovo Abeliano, das Stücke im Bareser Dialekt aufführt und damit eine Art Volkstheatertradition am Leben erhält. Zum anderen gibt es mit dem Teatro Kismet OperA in einer ehemaligen Industriehalle am Rand der Stadt einen wichtigen Ort für zunächst Avantgarde- und Experimentaltheater, heute vor allem für ein Sprechtheater, das international auf der Höhe der Zeit ist. Seit seiner Gründung 1989 versteht sich das Kismet als Ort des Austauschs und der Begegnung. Hier gab es immer wieder internationale Theaterprojekte, werden nationale und internationale Produktionen gezeigt, gibt es Raum für zum Beispiel LGBTQIA+-Projekte. Auf gewisse Weise bildet es den Gegenpol zum Petruzzelli und zeigt gleichzeitig mit diesem die gesamte Bandbreite, die in Bari zwischen Musik- und Sprechtheater erlebbar ist.

Die Kinolandschaft hingegen ist in den letzten Jahren recht überschaubar geworden. Schon vor der Pandemie hatten nach und nach einige wichtige Programmkinos in Bari geschlossen, sodass die Filmauswahl in den verbliebenen Sälen kaum über den Mainstream hinausgeht. Zwar gibt es seit 2009 das Bif&st, das Bari International Film Festival, das eine gute Woche intensive Filmerlebnisse ermöglicht und immer mit ein paar Stars aufwarten kann, aber übers Jahr ist davon wenig zu spüren. Kleinere Schwerpunkt-Festivals wie Balafon, das im Herbst eine gute Handvoll afrikanische Filme auf die Leinwand bringt, oder Schwerpunktreihen zum Queer Cinema setzen hin und wieder Akzente, können aber eine gewisse Trostlosigkeit, die das Bareser Kinoleben im Allgemeinen ausstrahlt, nicht wirklich übertünchen.

Als Schauplätze bzw. Drehorte nationaler und internationaler Filmproduktionen haben Bari und Apulien in den letzten Jahren hingegen einen Boom erlebt. Seit 2007 sorgt die eigens dafür ins Leben gerufene Apulia Film Commission für das entsprechende Location-Marketing (ähnliche Kommissionen gibt es auch in anderen Regionen Italiens). Zusammen mit dem Bif&st, das übrigens auch von der Apulia Film Commission angestossen wurde, geht es darum, Apulien im internationalen Filmbusiness als landschaftlich vielfältige, mit gutem Essen, angenehmem Wetter und herzlichen Menschen gesegnete Region zu positionieren, die attraktive neue Filmsettings verspricht und zudem kostengünstig ist. Damit sollte der Region eine neue Einnahmequelle erschlossen und gleichzeitig ihre Bekanntheit als touristisches Reiseziel erhöht werden.

Fünfzehn Jahre später sieht es so aus, als ob das ganz gut funktioniert habe. So wurden zum Beispiel einige der atemberaubendsten Szenen des letzten James-Bond-Films Keine Zeit zu sterben auf einer Brücke in Gravina di Puglia gedreht (das ähnlich wie Matera, der Hauptdrehort in der nahen Basilikata, über einer Schlucht aus Karstgestein gebaut ist). Auch der von Netflix produzierte Film Du hast das Leben vor dir mit Sophia Loren in der Hauptrolle als Ex-Prostituierte und Holocaust-Überlebende spielt in Bari. Aus Apulien gebürtige Filmmenschen tragen ebenfalls dazu bei, den filmaffinen Ruf der Region zu unterstreichen. Dazu gehören etwa der Produzent Domenico Procacci von Fandango, eine der bedeutendsten italienischen Filmproduktionsfirmen, der Regisseur und Schauspieler Sergio Rubini, dessen jüngster Film Il grande spirito in Taranto angesiedelt ist, oder der Regisseur, Schauspieler und Komiker Checco Zalone, der seine apulische Identität zum Markenzeichen gemacht hat, obwohl er längst in Mailand lebt. Aber dazu gehören auch die vielen Schauspieler:innen, die inzwischen nach Apulien kommen, um hier Ferien zu machen, oder gleich selbst ein Landhaus im Salento besitzen, wie zum Beispiel die britische Schauspielerin Helen Mirren.

Nur folgerichtig, dass da auch die Rai, das staatliche Fernsehen, nicht hintenanstehen will. "Fiction" lautet hier das entsprechende Genre, Fernsehfilme, die meist als Mehrteiler produziert werden und bei denen, wie auch anderswo, Krimis gerade einen sehr guten Lauf haben. Eröffnet wurde der apulisch-lukanische Reigen 2019 mit den in Matera spielenden Imma-Tataranni-Krimis, die auf verschiedenen, bisher nicht ins Deutsche übersetzten Romanen der Schriftstellerin und Drehbuchautorin Mariolina Venezia basieren. Neben einer toughen und unkonventionellen Hauptfigur, der stellvertretenden Staatsanwältin Imma Tataranni, gab es natürlich jede Menge schöner Landschaftsaufnahmen zu sehen, sodass beim Zuschauen einerseits Sehnsüchte geweckt werden und man andererseits mitraten kann, wo genau das eigentlich gedreht wurde. Nicht anders, als es auch bei Commissario Brunetti in Venedig oder Borchert in Zürich funktioniert. 

Die "Fiction" war auf jeden Fall ein grosser Erfolg (nach einer ersten Staffel mit sechs Folgen gab es eine weitere mit acht), und so lag es nahe, die in Bari spielenden Krimis der apulischen Schriftstellerin Gabriella Genisi um die Hauptfigur Lolita Lobosco (einige davon vor ein paar Jahren auf Deutsch erschienen, aber aktuell nicht mehr im Handel) ebenfalls zur Grundlage eines Fiction-Mehrteilers zu machen. Gedreht wurde im Sommer 2020 noch unter Pandemie-Bedingungen in Bari und Monopoli, die Ausstrahlung der ersten Staffel mit vier Folgen fand im Februar 2021 statt. Und aktuell wird die zweite Staffel mit sechs Folgen gezeigt. Auch Lolita Lobosco ist eine durchsetzungsstarke Frau, die es geschafft hat, sich in einer Männerwelt durchzusetzen und nach verschiedenen Stationen nun als stellvertretende Polizeidirektorin zurück nach Bari kommt, wo sie mit ihrem entschiedenen Auftreten nicht nur positiv aufgenommen wird. Einer der am heftigsten diskutierten Aspekte nach der Ausstrahlung betraf übrigens die Korrektheit des Dialekts bzw. den Akzent der Hauptfigur, da die Hauptdarstellerin Luisa Ranieri aus Neapel stammt und zwar das Baresische trainiert hatte, aber doch an einigen Stellen wohl völlig danebenlag. Da fühlte sich das Bareser Publikum ganz schön in seiner Ehre getroffen!

Die nächste Verfilmung steht übrigens schon in den Startlöchern. Es handelt sich dabei um die auch auf Deutsch erschienenen Krimis der Avvocato-Guido-Guerrieri-Reihe des Bareser Schriftstellers Gianrico Carofiglio. Auch dabei wird Bari sicher wieder eine Hauptrolle spielen!

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Kommen, Gehen, Bleiben

Der sonnig-warme Novemberbeginn erinnert mich daran, wie ich vor 30 Jahren nach einer langen Zugfahrt aus dem trübfeuchten Heidelberg in Bari ankam. Neun Monate Erasmusstudium lagen vor mir, es sollte eine prägende Zeit werden, was nicht zuletzt daran deutlich wird, dass meine Verbindung mit Bari seither eine feste Grösse in meinem Leben bildet. 

Die Stadt lag Anfang der Neunziger ziemlich am Boden. Damals galt Bari vecchia, die Altstadt, als gefährliche Zone, von der man sich am besten fernhielt. Ich erkundete sie trotzdem, aber als ich dies eines Abends der Familie erzählte, bei der ich wohnte, fielen die aus allen Wolken. Erst zur Jahrtausendwende hat hier eine Veränderung eingesetzt, eine Art positive Gentrifizierung, die die Altstadt wieder zu einem allen zugänglichen Teil Baris gemacht hat. Auch das 1991 durch Brandstiftung zerstörte Theater Petruzzelli, ein weiteres Sinnbild des damaligen Niedergangs, erstrahlt inzwischen wieder (nach einer langen Phase des Stillstands) in neuem (altem) Glanz. Es beherbergt ein renommiertes Orchester, das regelmässig internationale Gastspiele gibt, dieses Jahr zum Beispiel in Wiesbaden.

Ein Buch, das die damalige Zeit und das damit verbundene Lebensgefühl sehr gut beschreibt und mir deshalb sehr nah ist, ist Gianrico Carofiglios Una notte a Bari (deutsche Übersetzung von Viktoria von Schirach: Eine Nacht in Bari). Darin begibt sich der eher als Krimiautor bekannte Bareser Schriftsteller Ende der Nullerjahre auf einen nächtlichen Streifzug durch Bari und erinnert sich dabei an das Bari Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger. Viele der Orte, die erwähnt werden, sind mir vertraut, ebenso wie die Namen der Pubs, von denen viele heute nicht mehr existieren. Dafür sind viele neu dazugekommen, von denen einige inzwischen schon eine Art Patina überzieht, als gäbe es sie schon immer. 

Noch ein anderes Buch hat mich in diesen Monaten sehr beschäftigt. Dabei handelt es sich um Lorenzo Anneses Vita da Gastarbeiter, das ich im Frühjahr aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt habe und das jetzt im Herbst im Dietz-Verlag in Bonn erschienen ist. Es erzählt die Lebensgeschichte von Lorenzo Annese, der Ende der Fünfzigerjahre aus Alberobello, einem heute durch seine spezifischen Kegelhäuser, die Trulli, weltbekannten Ort in der Nähe von Bari, nach Deutschland emigriert ist, um dort zu arbeiten und seinen Traum von einem besseren Leben zu verwirklichen. Ursprünglich für die Arbeit in der Landwirtschaft angeworben, erreichte er es durch Hartnäckigkeit und Witz, als erster italienischer Arbeiter bei Volkswagen eingestellt zu werden. Als 1962 das Anwerbeabkommen zwischen Italien und Deutschland in Kraft trat und Zehntausende Arbeiter vor allem aus Süditalien nach Wolfsburg kamen, fungierte er als Mittler zwischen ihnen und dem Unternehmen, und zwar nicht nur in sprachlicher, sondern auch in kultureller und sozialer Hinsicht. Er war ein "Kümmerer", der alles tat, damit sich seine Landsleute in der für sie fremden Umgebung wohl fühlten. Von Anfang an in der Metallgewerkschaft engagiert, wurde er Mitte der Sechzigerjahre zum ersten nichtdeutschen Betriebsrat nicht nur bei VW, sondern in ganz Deutschland gewählt, eine Aufgabe, der er sich bis zur Pensionierung mit vollem Einsatz widmete.

Dass das Buch bei mir landete und es mir gelang, den Dietz-Verlag in Bonn dafür zu interessieren, verdankt sich einer Reihe von Zufällen und einem gut funktionierenden Netzwerk. Letzten Dezember hatte mich nämlich Salvatore, ein Freund, den ich aus den Erasmuszeiten kenne, und der eigentlich Geologe ist, inzwischen aber am Gymnasium in Monopoli Naturwissenschaften unterrichtet, gefragt, ob er einem Kollegen meine Telefonnummer geben dürfe. Dieser, Philosophielehrer an derselben Schule, suche für ein Buch seines Onkels eine Übersetzerin ins Deutsche. So kam ich in Kontakt mit Pasquale Annese, Lorenzo Anneses Neffen, der ihn bei der Abfassung des Buches unterstützt hatte und nun dafür sorgen wollte, dass es auch in Deutschland gelesen und verstanden werden konnte. Das Buch war im Frühjahr 2021 bei Stilo Editrice, einem kleinen Verlag in Bari, erschienen, aber der Verlag verfügte nicht über die notwendigen internationalen Kontakte und Verbindungen, um das Buch an einen deutschen Verlag vermitteln zu können. Nach monatelangen Versuchen, Verlage oder Institutionen in Hinblick auf eine Übersetzung zu kontaktieren, hatte Pasquale – nun schon einigermassen verzweifelt, wie er mir später erzählte – der Deutschlehrerin an seinem Gymnasium sein Leid geklagt. Auf dem Nachhauseweg fiel dieser ein, dass ihr Salvatore mal von einer deutschen Freundin erzählt hatte, die Comics übersetzt habe. Sie riet also Pasquale, sich an Salvatore zu wenden, und so nahmen die Dinge dann ihren Lauf.

Ich muss zugeben, dass ich zunächst etwas skeptisch war, als mich Pasquale kontaktierte. Das Bedürfnis, die eigene Biografie zu erzählen und zwischen zwei Buchdeckel zu pressen, ist weit verbreitet und auch nachvollziehbar, aber aus Erfahrung weiss ich, dass dabei nicht zwangsläufig ein gut lesbares Buch herauskommt. Als ich jedoch Vita da Gastarbeiter zu lesen begann, war mir sofort klar, dass es sich hier anders verhält. Nicht nur ist es interessant geschrieben, es erzählt darüber hinaus eine Geschichte, die in gewisser Weise exemplarisch ist. Hinzu kommt, dass zwar über die erste Generation der sogenannten "Gastarbeiter" in der BRD viel geschrieben wurde, es aber kaum Selbstzeugnisse gibt, in denen sie sich selbst zu Wort meldet. Aus Lorenzo Anneses Buch wird auch deutlich, warum das so ist: Der überwiegende Teil dieser Menschen war bäuerlicher Herkunft, die Not der Verhältnisse hatte es mit sich gebracht, dass sie früh zu arbeiten beginnen mussten und für den Schulbesuch dementsprechend kaum Zeit blieb. Lorenzo Annese beschreibt in seinem Buch auf sehr anrührende Weise, wie er sich Stück für Stück seine Bildung erkämpft hat und im Erwachsenenalter das nachgeholt hat, was ihm als Kind versagt geblieben war.

Einen bedeutenden Anteil daran hatten die gewerkschaftlichen Bildungsprogramme, aber auch die langjährige Betriebszugehörigkeit zu VW spielte eine grosse Rolle. Insgesamt ist es Lorenzo Annese, der kürzlich bei allerbester Gesundheit seinen 85. Geburtstag feierte und mit seiner Familie in der Nähe von Wolfsburg lebt, gelungen, sich in Deutschland aus der Armut seiner Herkunft zu befreien und sich ein erfolgreiches Leben aufzubauen. In einem Teil seines Herzens ist er jedoch immer Italiener geblieben und so verwundert es nicht, dass er im Buch immer wieder über seine Identität als Emigrant und über Fragen von Emigration und Integration reflektiert. Aber das macht es eben auch besonders interessant und gleichzeitig auch aktuell, denn viele der Probleme, mit denen diese Generation von Emigrantinnen und Emigranten konfrontiert war, sind weiterhin offen.

Inzwischen hat sich die Art der Emigration verändert, bleibt aber in Apulien und in Süditalien allgemein ein grosses Thema. Zwar haben sich die Ausbildungsmöglichkeiten in den letzten Jahrzehnten stetig verbessert, die Jobchancen jedoch nicht, sodass viele junge Leute nach dem Studium Richtung Norden ziehen, um ihr Glück in London oder Berlin zu versuchen. Eines von zahlreichen Büchern, die diese Fragen des Gehens oder Bleibens verhandeln, und insbesondere auf die Möglichkeiten eingeht, die Menschen haben, die nicht den traditionellen Rollen entsprechen, ist Mario Desiatis Spatriati, das 2021 erschienen ist und in diesem Jahr den Premio Strega, einen der wichtigsten italienischen Literaturpreise, gewonnen hat. Desiati selbst ist in Martina Franca aufgewachsen, einem Nachbarort von Alberobello, und beschreibt eine Geschichte zwischen Apulien und Berlin, in der es immer auch um Abwägung geht − zwischen der Verbundenheit mit dem Ort, an dem man aufgewachsen ist, und den diversen Freiheiten, die das Grossstadtleben in einem völlig anderen kulturellen Kontext bildet. So entsteht das Porträt einer nachwachsenden Generation, die das Gefühl des Hin- und Hergerissenseins, das schon Lorenzo Annese beschreibt, weiterhin zu ihren Grundkonstanten zählt. 

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Mit der Tarantella in den Herbst tanzen

Zwei lange Sommermonate liegen hinter mir, die wie im Nu vergangen sind … Heiss war es, aber zum Glück wehte abends vom Meer her oft eine Brise, die alles erträglicher machte. Vor allem im August war Bari gar nicht so menschenleer, wie man es früher von italienischen Städten kannte, die insbesondere um Ferragosto, den Feiertag am 15. August, wie ausgestorben wirkten. Die Stadtverwaltung hat in den letzten Jahren viel getan, um die Lebensqualität im Sommer zu erhöhen, damit sowohl die, die in der Stadt bleiben (müssen), als auch die steigende Zahl an Tourist:innen gastronomische und kulturelle Angebote vorfinden. In San Girolamo im Norden wie auch in Torre Quetta im Süden der insgesamt sich über vierzig Kilometer erstreckenden Küstenlinie Baris wurden Uferabschnitte hergerichtet, die zum abendlichen Flanieren einladen. Kurzfristig kamen zu den schon im letzten Beitrag vorgestellten Festivals noch weitere hinzu, sodass es jede Menge Möglichkeiten gab, das sommerliche Ausgehbedürfnis zu befriedigen. Insbesondere das internationale A-cappella-Festival ist hier zu nennen, das drei Abende lang feinsten A-cappella-Gesang sowohl apulischer als auch internationaler Gruppen zur Aufführung brachte. Aber auch das Festival "Le due Bari" ist hier zu erwähnen, das noch bis in den November hinein zu Konzerten, Theaterveranstaltungen und Workshops einlädt und das über ganz Bari verteilt stattfindet, wobei hier Wert darauf gelegt wird, sowohl die peripheren Stadtviertel als auch die Stadtbevölkerung selbst mit einzubeziehen. Ein weiteres Grossereignis, das dieser Tage ansteht, ist das Talos-Festival in Ruvo di Puglia etwas nördlich von Bari. Nach einem Eröffnungskonzert von Vinicio Capossela gibt es acht volle Konzerttage, die ein weites Spektrum internationaler Jazz- und Worldmusik bieten.

Ein Highlight beim Festival "Le due Bari" war ein Konzert in Baris südlichstem Vorort Torre a mare, auf einer Bühne direkt am Hafen. Hier spielte die Nuova compagnia di canto popolare, die sich seit Jahrzehnten um die "musica popolare" Süditaliens, also die regionale Volksmusik bemüht. Dazu gehört natürlich auch die Tarantella, ein Begriff, der häufig sofort mit Apulien assoziiert wird, wenn es um die dortige Musik geht, aber sich nicht nur darauf beschränkt. Die "Pizzica" oder "Taranta", wie sie hier auch genannt wird, hat viele regionale Unterarten, wobei es ein paar Zentren gibt, die sich im Gargano, dem nordapulischen Stiefelsporn, in der Murge im Landesinneren Richtung Basilikata und im Salento, dem griechisch geprägten Südteil des Absatzes befinden. Als ich vor dreissig Jahren meinen ersten Sommer in Apulien verbrachte, war die Tarantella, womit sowohl der Tanz als auch die dazu gehörigen Lieder gemeint sind, bei jungen Leuten in der Stadt kaum bekannt. Ein bisschen war es ihr wie dem Dialekt ergangen: Nach zwei Jahrzehnten forcierter Modernisierung hatte man sich von vielen Traditionen entfernt. Kurz danach setzte aber eine Art Revival ein, eine Suche nach den eigenen Wurzeln, und die Tarantellakurse sprossen ebenso wie die dazugehörigen Tamburinkurse (die hier Tamorra genannt werden) wie Pilze aus dem Boden. Heutzutage hat die Tarantella einen festen Platz im Musikleben der Region und nachdem es am Anfang vor allem darum ging, das verschüttete kulturelle Erbe wieder ans Tageslicht zu fördern, gibt es inzwischen viele Gruppen, die die Musik mit anderen Einflüssen kreuzen und so eine zeitgemässe Interpretation anbieten.

Ein wichtiges Festival in diesem Zusammenhang ist die "Notte della Taranta", die Nacht der Taranta, die alljährlich Ende August in und um Melpignano, einem der griechisch geprägten Orte des Salento, stattfindet. Dieses Konzertgrossereignis hatte sich seit seinem Start 1998 eines stetig steigenden Zustroms erfreut und zuletzt Hunderttausende in den Salento gebracht, bis es in die pandemiebedingte Zwangspause geschickt wurde, wo es lediglich ein Streaming gab. Aber "Notte della Taranta" bedeutet Ausgelassenheit und Lebensfreude, hier gehört dazu, dass das Publikum auf den Strassen tanzt, und so war die diesjährige Ausgabe mit grosser Vorfreude erwartet worden. Um die 200'000 sollen dabei gewesen sein, und nicht nur das Publikum ist immer zahlreicher und internationaler geworden, auch die auftretenden Künstler:innen kommen längst aus den verschiedensten Ländern und Musikstilen, um der Taranta, dieser mitreissenden Musik mit ihrem auf eine Art exorzistische Reinigung zurückgehenden Tanz, ihre Reverenz zu erweisen.

Aber auch bei den sommerlichen Volksfesten auf dem Land bzw. in den Kleinstädten um Bari herum gehört eine Tarantellaband in der Regel dazu. Neben den Patronatsfesten gibt es hier die "Sagra", eine Art Jahrmarkt, die meist einer lokalen Spezialität gewidmet ist (häufig einer speziellen Kirschen-, Trauben- oder Olivensorte). Doch auch in der Stadt ist es nicht ausgeschlossen, auf Tamorraspieler:innen zu treffen, die sich im Sommer zu Strassenmusik verabreden. Ein mir bekannter Musiker hat mir mal erzählt, dass, insbesondere wenn in Bari die grossen Kreuzfahrtschiffe anlegen und die Tourist:innen in die Altstadt strömen, es auch finanziell eine durchaus lohnende Angelegenheit ist, sie mit einer Pizzica zu begrüssen …

Ja, der Sommer ist am Ausklingen, der Urlaub zu Ende, bald beginnt die Schule wieder, und alles bereitet sich auf den Herbst vor. Natürlich lassen auch der September und der Oktober noch reichlich schöne Tage erwarten und die Open-Air-Saison geht vorerst ebenfalls weiter. Aber gleichzeitig nehmen die "Indoor-Aktivitäten" langsam wieder ihren Betrieb auf. Auch in der Kneipe "Storie del vecchio sud", die ein überwiegend studentisches und alternatives Publikum hat, startet in Kürze wieder der "Martedì popolare", der "volkstümliche Dienstag", eine Art Jamsession für Tarantellamusik. Meistens sind es zehn bis fünfzehn Leute, die sich um einen grossen Tisch versammeln und singen und spielen, während das Publikum mal mehr und mal weniger ausgelassen im engen Kneipenraum tanzt. Wer also im Herbst oder Winter in Bari ist und Lust auf authentische Volksmusik hat, ist hier jeden Dienstag an der richtigen Adresse.

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Ein Sommer voller Musik

Spätestens ab Juni spielt sich das abendliche Leben in Bari weitgehend auf der Strasse ab. Wenn es sommerlich heiss wird – was dieses Jahr schon seit Ende Mai der Fall ist −, ziehen die Leute mit Kind und Kegel, mit Sack und Pack ins Freie um. Das Lungomare, die kilometerlange Meerpromenade, verwandelt sich dann insbesondere auf Höhe der Altstadt Bari vecchia in ein riesiges Freiluftwohnzimmer. Um die in regelmässigen Abständen zu findenden Bänke bilden sich allabendlich unter Zuhilfenahme selbst mitgebrachter Camping- und Klappstühle zahlreiche Runden süditalienischer Grossfamilien, die mit ihren lautstark und emotional geführten Gesprächen und den bis spät in die Nacht mobilen Kleinkindern jedes auch noch so abgenutzte Klischee bestätigen. Aber was gäbe es denn auch Besseres, als nach einem heissen Tag, der allen alles abverlangt hat, aufzuatmen und die frische Meeresbrise zu geniessen. Für die Versorgung sorgen ein paar Foodtrucks, wo sich Panini erstehen lassen, ansonsten gedeiht die Schattenwirtschaft mit Kühltruhen voller eisgekühlter Getränke und ein paar Ständen, an denen die typischen baresischen sgagliozze (Polentastücke) oder popizze (Hefeteigbällchen) frittiert werden. Es sind klassische Arme-Leute-Vergnügungen, die hier zelebriert werden, und tatsächlich gehören die, die sich am Lungomare zusammenfinden, eher nicht zu denen, die eine Zweitwohnung am Meer haben oder sich für die Sommersaison für viel Geld einen Trullo auf dem Land mieten können.

Auch das Kulturleben in Apulien weist zwischen Sommer und Winter riesengrosse Unterschiede auf. Während der Winter mit Theater- und Kinobesuchen, Lesungen, Diskussionsveranstaltungen und Konzerten eher dem entspricht, wie wir es auch nördlich der Alpen kennen und praktizieren, werden all die Formen im Sommer suspendiert. Stattdessen ist jetzt die Saison der Open-Air-Musikfestivals! Und diese finden an den unterschiedlichsten Orten statt. Im Prinzip könnte man sagen, dass jeder Platz, auf dem sich ein Verstärker und eine Lichtanlage anschliessen lassen und ein paar Stühle aufgestellt werden können, in einen Veranstaltungsort umgewandelt wird. Kaum ein Dorf, das es sich nehmen lässt, auf seiner zentralen Piazza ein paar Konzerte zu veranstalten, dazu gibt es jede Menge Masserien, ehemalige Bauernhöfe, mit einer Freiluftbühne. Jeden Sommer besteht auf diese Weise die Möglichkeit, neue, zum Teil verschwiegene Orte abseits der gängigen Routen kennenzulernen. Ein Auto ist dabei allerdings unerlässlich, denn sobald man die noch halbwegs mit Regionalzügen erreichbare Küstenlinie verlässt (wobei es auch hier am Abend schwierig wird, denn man kommt zwar mit dem Zug noch hin, aber nicht mehr zurück), gehören öffentliche Verkehrsmittel oder auch ein Shuttle häufig zu den Dingen, die höchstens vom Hörensagen bekannt sind.

Da ich kein Auto habe, muss ich also schauen, ob ich irgendwo mitfahren kann − oder einfach in Bari bleiben. Um nicht nur den aus verschiedensten Gründen in der Stadt Verharrenden, sondern auch den Tourist:innen im Sommer kulturell etwas zu bieten, hat sich die Stadt in den letzten Jahren bemüht, die verschiedenen Einzelinitiativen unter einem Dach zu vereinen und zudem Festivals, die bisher eher im Umland aktiv waren, punktuell mit einzubinden. Das Ergebnis ist die Festa del Mare 2022, eine Reihe unterschiedlicher Kulturangebote von Mitte Juni bis Anfang September. Herzstück ist in der zweiten Augusthälfte das Bari Piano Festival, ein internationales Klavierfestival, das eng mit dem Bareser Konservatorium verbunden ist 

Den Auftakt zu meinem Kultursommer machten am vergangenen ersten Juli-Wochenende mal wieder – neben dem Bari Pride, der in einer bunten und entspannten, aber gleichzeitig wichtige politische Forderungen artikulierenden Weise durch Bari gezogen ist − die Bücher! Lungomare di libri war eine dreitägige Veranstaltungsreihe, die auf der dem Meer zugewandten Muraglia, der ehemaligen Stadtmauer um Bari vecchia, stattfand. An mehreren Orten gab es Buchvorstellungen und Diskussionen, ausserdem eine lange Reihe mit Ständen, wo sich die unabhängigen Verlage und Buchhandlungen Baris und der Provinz präsentieren konnten, um mit ihren Leser:innen ins Gespräch zu kommen und ihre Bücher zu verkaufen. Natürlich war auch die Libreria 101 dabei. Auf einer der Veranstaltungen wurde die Verfilmung von Gianrico Carofiglios Maresciallo-Fenoglio-Romanen als Mehrteiler für das italienische Fernsehen vorgestellt, die zurzeit in Bari gedreht wird. Dabei wurde auch die Frage diskutiert, wie der baresische Dialekt im Fernsehen gesprochen werden muss bzw. darf, damit er einerseits von den Baresi noch als authentisch angesehen wird, andererseits aber auch im Rest des Landes, vor allem im Norden, verstanden wird. Am Beispiel des Espressokochers, der caffettiera, der in Bari als ciclatere bezeichnet wird, was aber ausserhalb niemand versteht, wurde deutlich gemacht, dass man hierbei an einigen Stellen Kompromisse eingehen muss … ich denke, in der Deutschschweiz kann man den Schmerz, auf besonders charakteristische Wörter der allgemeinen Verständlichkeit wegen verzichten zu müssen, gut nachvollziehen …

Wenn ich an die letzten Sommer in Bari denke, dann sind es vor allem zwei Musikfestivals, in deren Programm ich immer etwas Interessantes gefunden habe und die beide in diesem Jahr Teil der Festa del Mare sind. Das eine ist Bari in Jazz, das zwar Bari im Namen trägt, weil es ursprünglich mal von hier aus gestartet ist, das aber in den letzten Jahren vor allem in der Umgebung präsent war. Dieses Jahr kehrt es jedoch mit zwei Konzerten nach Bari zurück. Hauptspielort des Festivals ist das Minareto, ein ehemaliger Landsitz einer adligen Familie mit einem Minarett im arabischen Stil in der Nähe von Fasano. Für Bari in Jazz habe ich selbst in den letzten zwei Jahren ein paar Konzerte mit verschiedenen Bands der beiden Schweizer Musiker Lucas Niggli und Jan Galega Brönnimann mitorganisiert, die an diesem suggestiven Ort stattfanden. Mit ihren Bands, zu denen die afrikanischen Musiker Aly Keïta und Moussa Cissokho sowie der israelisch-schweizerische Musiker Omri Hason gehören, sind sie im Grenzbereich von Jazz und World Music unterwegs, eine Richtung, auf die Bari in Jazz immer ein besonderes Augenmerk hat. Auch dieses Jahr sind entsprechende Konzerte im Programm zu finden, und ich bin schon auf das Konzert der pakistanischen Sängerin Arooj Aftab gespannt, das am 2. August in Bari vor der Kathedrale San Nicola stattfinden wird.

Das andere ist das Locus-Festival, das seine Hauptbühne in einer wunderschön gelegenen und grosszügigen Masseria in Locorotondo hat, aber auch weitere Orte bespielt. Der Kern des Locus-Festivals findet erst Mitte August statt, aber im Juni hat es seinen Opener im Hafen von Bari gespielt. Schon zum dritten Mal nun kündigen sie Shabaka Hutchings mit seinen Sons of Kemet an, deren Tournee in den letzten beiden Jahren pandemiebedingt immer wieder abgesagt werden musste. Shabaka Hutchings gehört zu den innovativsten Jazzmusiker:innen der britischen (schwarzen) Jazzszene, der den Jazz in gewissen Sinne zu seinem Ursprung zurückführt, nämlich nicht Unterhaltungsmusik, sondern Ausdrucksmittel für politisches commitment zu sein. Ein fantastisches Solokonzert von ihm konnte ich 2018 beim unerhört!-Festival in Zürich hören, danach war klar, dass ich ihn unbedingt auch mit seiner Band Sons of Kemet live erleben will. Am 10. August nun soll das Konzert stattfinden, zu dem ich mit meiner Freundin, die ein Auto hat, gemeinsam fahren werde. Ich hoffe, dass es dieses Jahr – Pandemie hin oder her – endlich klappen wird, aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei … 

Und wer sich jetzt wundert, dass bisher gar keine Rede von der Tarantella war, an die die meisten ja zuallererst bei apulischer Musik denken, darf sich schon auf den nächsten Beitrag freuen, in dem es speziell um sie gehen wird.

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Von Büchern und Buchhandlungen in Bari

Die Region Apulien, die den tacco, also den Absatz des italienischen Stiefels bildet, hat in den letzten Jahren einen unübersehbaren Boom erlebt. Blauer Himmel, türkisfarbenes Meer, beigefarbener Stein, rotbraune Erde. Ein besonderes Licht, das diese Farbkontraste noch verstärkt. Vielgestaltige Landschaften, in denen weite Tomaten- und Getreidefelder von schroffem Karstgestein abgelöst werden, das wiederum in liebliche Mandel- und majestätische Olivenhaine übergeht. Geschichtsträchtige Städte und jede Menge kleiner Orte, die sich ihre Ursprünglichkeit bewahrt haben. Gutes Essen mit vielen lokalen Spezialitäten und einer hohen Qualität der hier vor Ort erzeugten Lebensmittel.

Fast nichts davon ist bei näherem Hinsehen unproblematisch. Das Mittelmeer ist überfischt, der Kreuzfahrttourismus wächst, die zum Teil tausendjährigen Olivenbäume sind von Xylella bedroht, einem eingeschleppten Bakterium, das die Bäume von innen austrocknet. Qualifizierte, gut bezahlte Arbeit ist ein rares Gut, junge Menschen verlassen Apulien in Scharen Richtung Mailand, London oder Berlin. Afrikanische Immigrant*innen mit unsicherem Aufenthaltsstatus werden auf apulischen Tomatenfeldern ausgebeutet, damit die Dose pelati, geschälte Tomaten, auch weiterhin zu einem unschlagbar günstigen Preis im Supermarkt zu haben ist.

Wo viel Licht ist, gibt es also − wie überall − auch jede Menge Schatten. Aber zu einem umfassenden Bild gehört noch ein weiterer Aspekt: die vielen Menschen, die hier jeden Tag etwas dafür tun, dass die Welt im Allgemeinen und Apulien im Speziellen zu einem besseren Ort wird. Insbesondere im Kulturbereich gibt es viele kleine Initiativen, viele Engagierte, die sich mit ungebrochenem Enthusiasmus dafür einsetzen, dass Kultur in all ihrer Vielfalt stattfindet. Die unentwegt – bei aller Aufgeschlossenheit technischen Neuerungen und digitalen Möglichkeiten gegenüber – Zusammenkünfte im analogen Raum organisieren, weil diese eben nicht nur die intellektuellen Bedürfnisse befriedigen, sondern auch die emotionalen.

Entsprechend war das durch die Pandemie erzwungene Herunterfahren des kulturellen Lebens dann auch ein gehöriger Einschnitt, nebst zeitweisen Einschränkungen von Treffen auch im privaten Bereich und der distanza sociale, die den Verzicht auf das in Süditalien selbstverständliche Herzen und Küssen zur Begrüssung und zur Verabschiedung bedeutete. Nach dem ersten langen Pandemiewinter brachte der Sommer im letzten Jahr ein wenig Entspannung und ein bisschen von der mediterranen Leichtigkeit zurück, und auch nach einem weiteren langen Winter scharren seit kurzem alle sprichwörtlich mit den Hufen, um endlich in den Kulturfrühling und -sommer zu starten.

Auch in einer meiner Lieblingsbuchhandlungen im Zentrum von Bari geht es jetzt wieder los. Die Libreria 101 gehört zum Kreis unabhängiger Buchhandlungen, die in den letzten zehn Jahren in und um Bari nachgerade wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Als ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal nach langer Zeit für ein paar Wochen ausserhalb der Urlaubssaison nach Bari kam und mich über das Kulturleben informierte, fielen mir die zahlreichen Buchpräsentationen auf, die in kleinen Buchhandlungen stattfanden, von deren Existenz ich bis dato gar nichts wusste. Ich begann also Streifzüge durch die Stadt zu unternehmen und diese mit neuen Augen zu betrachten. Wieviel hatte sich doch in den letzten Jahren verändert! Wie wenig glich dieses neue Bari der unzugänglichen und wenig einladenden Stadt, die ich in den Neunzigern kennengelernt hatte! Ich entdeckte die Buchhandlung Quintiliano, die vor Kurzem aus einer Schulbuchhandlung hervorgegangen war, die Buchhandlung Campus, die sich gerade von einer reinen Unibuchhandlung zu einer Literaturbuchhandlung mit breitem Spektrum mauserte, die Kinderbuchhandlungen Svoltastorie und Moby Dick (Letztere zusätzlich mit hochwertigem Spielzeug), die frisch gegründete alternative Buchhandlung Prinz Zaum (an die eine Bar angeschlossen ist), die Comicbuchhandlung Spine, die ganz auf Gedichte spezialisierte Buchhandlung Millelibri und irgendwann zwischendurch auch die Libreria 101.

Und das kam so: Eines Abends wurde ich von einer langjährigen Freundin in ein Bistro eingeladen und sah dort als Buch des Monats die gerade im römischen Verlag LʼOrma erschienene Übersetzung Doris, la ragazza mista seta des Kunstseidenen Mädchens von Irmgard Keun ausgestellt. Eines meiner absoluten Lieblingsbücher! Ich war neugierig, wie diese Geschichte, die Anfang der 1930er-Jahre in Berlin spielt, hier in Süditalien ankam, und ging tags darauf also in die Libreria 101. In seinem langgestreckten Laden, in dem sich Bücherregale mit -tischen abwechseln, lernte ich Antonio Chieppa kennen, den Buchhändler, und er erzählte mir voller Begeisterung von seiner Keun-Lektüre. Seither ist die Libreria 101 eine meiner festen Anlaufstellen in der Stadt. In einem unserer zahlreichen Gespräche habe ich Antonio mal gefragt, wie es eigentlich zur Eröffnung der Libreria 101 kam, und er hat mir verraten, dass er als Shuttle-Fahrer gearbeitet habe, es aber immer sein grosser Traum gewesen sei, eines Tages eine Buchhandlung aufzumachen. Eine Besonderheit der Libreria 101, die im Herbst ihren fünften Geburtstag feiern wird, ist Antonios Entscheidung, als unabhängige Buchhandlung nur Bücher aus unabhängigen Verlagen zu führen und dabei die Verlage in ihrer jeweiligen Büchervielfalt zu präsentieren. Als ich von Antonio wissen wollte, wie viele Verlage das ungefähr seien, hatte er nicht sofort eine Antwort parat. Stattdessen begann er einen kurzen Rundgang durch seinen Laden und kam am Ende auf knapp einhundert. Was für eine beeindruckende Bibliodiversität der unabhängigen italienischen Verlagsszene!

Während das Buch auf der einen Seite als physisches Kulturgut weiterhin einen hohen Stellenwert besitzt, stellen Buchhandlungen auf der anderen Seite aber auch Orte des kulturellen Austauschs dar, und so bilden Veranstaltungen einen wesentlichen Teil ihrer Arbeit. Von Buchpräsentationen über Lesezirkel und Schreibworkshops bis zu speziellen Programmen für Kinder gibt es ein breites Angebot. Die Menschen in Bari wissen das zu schätzen und bedanken sich, indem sie − Bücher kaufen. Die verschiedenen Buchhandlungen, die hier in den letzten Jahren eröffnet haben, konnten sich alle etablieren, ja es sind in letzter Zeit sogar noch weitere dazugekommen, teilweise mit einer Bar oder einem Bistro verknüpft. Fast scheint es, als hätten die Leute nur auf diese letztendlich niedrigschwelligen Kulturangebote (der Eintritt ist in der Regel frei) gewartet, um für ihr Bedürfnis nach "echten Begegnungen" die entsprechenden Räume zu finden. Die Kommunikation erfolgt dabei fast ausschliesslich über Facebook (wegen der Möglichkeit, hier schnell und unkompliziert aktuelle Posts veröffentlichen zu können), eine eigene Webpräsenz hat kaum eine Buchhandlung, von eigenen Onlineshops ganz zu schweigen.

Auch für Antonio gehörten Buchpräsentationen von Anfang an zum Angebot der Libreria 101, wobei in Italien keine Lesungen veranstaltet werden, sondern die Bücher in Form einer Diskussion mit Autorin oder Autor vorgestellt werden. In der Regel läuft das alles "ehrenamtlich", und so kommen die Autor*innen dafür meistens aus dem nahen Umkreis. Der feste Kund*innenstamm, den sich Antonio mit seinen diversen Aktivitäten aufgebaut hat, hat ihm erfolgreich durch die Pandemie geholfen (in Italien galten Bücher als beni di prima necessità, also als Waren des Grundbedarfs, sodass Buchhandlungen geöffnet blieben). Aber auch die Verlage schätzen die Libreria 101 und ihren engagierten und kundigen Buchhändler und kommen gern bei ihm vorbei, um ihr aktuelles Programm vorzustellen. So auch dieser Tage, wenn Fabio Mendolicchio vom Verlag Miraggi aus Turin bei ihm Station machen wird. Mit einer zur Buchhandlung umgerüsteten 200er-Vespa fährt Mendolicchio in elf Tagen 4000 Kilometer durch Italien, um um die neusten Bücher aus seinem Verlag – das sind "diejenigen, die die anderen nicht machen" − vorzustellen. Sicher eine der ungewöhnlichsten Aktionen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Gleichzeitig zeigt sie aber auch, von wie viel Herzblut und (unbezahltem) Engagement die Szene der unabhängigen Verlage und Buchhandlungen in Italien getragen ist. Ein paar Tage danach kommt der in Brüssel lebende Gabriele Esposito vorbei, um seinen ersten Roman Tutto finisce con me vorzustellen, erschienen im Verlag Wojtek aus Pomigliano d'Arco nahe Neapel. Weitgereiste Gäste also für einen späten, aber dafür umso intensiveren Saisonneustart, denn bald schon wird es zu heiss sein, um die Leute zu Veranstaltungen in die Buchhandlung zu locken, und wer weiss, wie es dann im Herbst weitergehen wird …


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Der Heilige, der den Osten mit dem Westen verbindet: San Nicola © Carola Köhler

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Das Teatro Petruzzelli, ein leuchtend-roter Orientierungspunkt am Corso Cavour in Bari © Carola Köhler

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Trulli in Alberobello © Carola Köhler

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Abend in Bari © Carola Köhler

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"Sei glücklich, du bist in Bari" – ein von Unbekannten auf den frangiflutti, den Wellenbrechern vor dem Lungomare, aufgestelltes Transparent, das das Lebensgefühl der Baresi insbesondere im Sommer ausdrückt ... © Carola Köhler

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Vor der Libreria 101 mit der zum mobilen Buchladen umgebauten Vespa des Verlags Miraggi. Zweiter von links Antonio Chieppa, rechts Fabio Mendolicchio. © Fabio Mendolicchio