Danilo Kiš

Ein Grabmal für Boris Dawidowitsch

Gerade die eigenartig nüchterne Beschreibung der Lebensgeschichten von sieben Männern, die infolge von politischem – oder religiösem – Totalitarismus zerstört worden sind, bringt uns diese Menschen so nahe. Ihre jeweils ganz individuellen Lebensgeschichten sind getrieben vom Wunsch nach Gerechtigkeit, Moral, Integrität – oder auch von der Liebe zur Kunst. Da ist der englische Mitstreiter in den internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg, der sowjetische Funktionär, der immer wieder neue Inszenierungen sowjetischen Lebens organisiert, der Arzt, der den grausigen Spielen der Gefangenen in den Straflagern zum Opfer fällt; da ist auch Boris Dawidowitsch, ein Revolutionär Russlands, der in Ungnade gefallen ist und durch kaltblütigste Foltermethoden seine Überzeugungen und seine Moral verraten soll. Und da ist das Leben von Baruch David Neumann, der im Spanien der katholischen Inquisition seinem jüdischen Glauben entsagen soll. Allen Geschichten gemeinsam ist die Enge und die Kaltherzigkeit, die von Ideologien ausgehen, die zum herrschenden System geworden sind. Als scharfer Blick auf die Gesellschaft und als menschlicher Blick auf die Suchenden und Kämpfenden für eine bessere Welt unbedingt lesenswert. cn

Klappentext:

Danilo Kiš' berühmter Roman, ein Meisterwerk der Moderne, erregte bei seinem Erscheinen 1976 in Jugoslawien einen Skandal. In "sieben Kapiteln ein und derselben Geschichte" wird das Schicksal von Revolutionären und Agenten, von Idealisten und Mitläufern, von Opfern und Tätern geschildert, die alle tragisch enden: durch politischen Terror oder – wie in der Parallelgeschichte des jüdischen Gelehrten Baruch Neumann – in den Fängen der katholischen Inquisition. In einer einzigartigen Mischung von Politischem und Poetischem, von Fakten und Fiktion setzt Kiš seinen Helden ein Denkmal. Wegen seiner literarischen Montagetechnik wurde er in seiner Heimat des Plagiats bezichtigt (er habe u.a. bei Borges, Joyce und Solschenizyn abgeschrieben), dabei galt der Sturm der Entrüstung in Wahrheit seiner Kritik an den Mechanismen totalitärer Ideologien. Ein Grabmal für Boris Dawidowitsch ist bis heute die wohl radikalste literarische Auseinandersetzung mit dem Stalinismus, ein Buch, "dessen grossartige Prosa die Geschichte selber fast in den Schatten stellt" (Joseph Brodsky).

Über die Autorin / über den Autor:

Danilo Kiš, geboren 1935 in Subotica, starb 1989 in Paris. Bei Hanser erschienen Enzyklpädie der Toten (1986), Sanduhr (Roman, 1988), Frühe Leiden (Roman, 1989), Die Dachkammer (Roman, 1990), Homo poeticus (Gespräche und Essays, Edition Akzente 1994), Der Heimatlose (Erzählungen, Edition Akzente 1996) und Anatomiestunde (1998).

Preis: CHF 25.90
Sprache: Deutsch (aus dem Serbokroatischen von Ilma Rakusa)
Art: Gebundenes Buch
Erschienen: 2004 (1976)
Verlag: Hanser
ISBN: 978-3-446-24223-4
Masse: 189 S.

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